In drei Jahren vom Spieler zum NL-Schiedsrichter
Hürlimann schickt auch mal Ex-Kollegen auf die Strafbank

Vor vier Jahren noch Stürmer, jetzt Headschiedsrichter. Stefan Hürlimann (35) findet, viel mehr Ex-Spieler sollten diesen Weg einschlagen. «Unser Vorteil ist, dass wir durch die Karriere als Spieler das Gespür fürs Spiel haben.»
Publiziert: 29.12.2020 um 08:15 Uhr
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Ex-Spieler Stefan Hürlimann gab sein Debüt als Headschiedsrichter in der National League Anfang Dezember beim Spiel zwischen Davos und Rappi.
Foto: keystone-sda.ch
Nicole Vandenbrouck

Ausgerechnet! Seine Premiere als Headschiedsrichter in der National League hatte Stefan Hürlimann bei einem Spiel seines Stammklubs SCRJ. Der aus Einsiedeln stammende Schwyzer schaffte 2003 den Sprung aus dem Lakers-Nachwuchs ins NL-Team, stürmte bis 2015 am Obersee und war eine der Identifikationsfiguren.

Doch nicht deshalb war der 35-Jährige bei seinem NL-Debüt im Duell zwischen Davos und Rappi im Startdrittel nervös. Sondern weil er sich bewusst ist, dass man in der höchsten Spielklasse noch exponierter ist als in den Ligen darunter. Darin sieht Hürlimann einen der Gründe, weshalb nicht mehr Ex-Spieler diesen Weg einschlagen möchten. «Man hat bei gewissen Entscheiden jeweils das eine oder andere Team und Fanlager gegen sich. Damit muss man umgehen können.»

«Spiel leiten und begleiten»

Hürlimann wählt als Ref bewusst die aktive Kommunikation. «Ich rede mit den Spielern und Trainern, um eine angespannte Situation zu entschleunigen.» Emotionen gehören im Hockey dazu, auf dem Feld und in den Zuschauerrängen. «Wir aber müssen ruhig bleiben können.» Dass es sowieso nichts bringt, sich mit dem Schiri anzulegen, diese Erfahrung hat Hürlimann schon als Spieler gemacht. Und als Schiri jetzt erst recht.

Dem verbreiteten Vorurteil, Schiedsrichter würden ohnehin nur nach Möglichkeiten suchen, ein Foul zu ahnden, widerspricht er deutlich. «Das Ziel ist, Strafen zu verhindern.» Deshalb macht er Spieler mit Zurufen wie «Limit» oder «Stock runter» auch mal drauf aufmerksam, dass sie bald die Grenze überschreiten. «Wir urteilen ja nicht nur, sondern leiten und begleiten ein Spiel.» Und genau hier kommt ihm der Vorteil eines Ex-Spielers zugute. «„Wir starten in eine Schiedsrichterkarriere mit ausgezeichneten Skatingskills und haben zudem bereits das Gefühl fürs Spiel.»

Seine Leidenschaft fürs Hockey ist ungebrochen. Darum ist Hürlimann «mega happy» als Schiedsrichter. «Am meisten Freude habe ich, wenn ich tolle Tore sehe.» Deshalb kann er es jedem nur empfehlen, nach der Spielerkarriere auf dem Eis zu bleiben. Doch auch bei ihm reifte der Entscheid erst mit der Zeit.

Gute Experten-Beurteilungen

In seinen letzten beiden Saisons bei Swissligist Olten belegte er mit Teamkollege Reto Kobach Regelkurse und bestand sie. «Obwohl ich teilweise auf die Welt gekommen bin und merkte, dass ich einige Regeln gar nicht kannte.» Erkannt hat er aber die Chance, so seinem Sport treu bleiben zu können.

Der Verband bietet Spielern an, die Schiri-Ausbildung auf schnellerem Weg zu machen. Und so stieg Hürlimann, der noch in einem 60%-Pensum als Immobilien-Verwalter arbeitet, nur wenige Monate nach seinem Karriereende 2017 in der 3. und 4. Liga als Schiedsrichter ein. Nur zwei Jahre danach folgte sein Debüt in der Swiss League.

Er arbeitete sich rasch hoch, bekam gute Experten-Beurteilungen. Und nun der Aufstieg in die National League. Dass er ab und zu einen Ex-Kollegen auf die Strafbank schicken muss, damit hat er kein Problem. Einstige Weggefährten trifft er auch auf der Trainerbank oder in Klubführungen an. Doch Respekt wird ihm immer entgegengebracht. Als Ex-Spieler wohl noch mehr.

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