BLICK: Herr Krueger, Adrian Steiner ist Skilehrer und Student. Würde Ihnen ein solches Leben nicht auch gefallen?
Justin Krueger: Skifahren finde ich cool. Aber Skilehrer? Das wäre mir wohl zu viel. Ich bin nicht motiviert, noch mehr Wintersport zu betreiben.
Aber Sie fahren Ski?
Krueger: Während der Schulzeit in Davos an jedem freien Nachmittag. Jetzt darf ich nicht mehr. Das Verletzungsrisiko ist zu gross.
Wurde das vertraglich geregelt?
Krueger: Es handelt sich um eine Grauzone. Man muss in der Freizeit vorsichtig sein, Verstand haben und sollte auch nicht Motocross fahren.
Wie sieht Ihr Tag aus?
Adrian Steiner: Im Winter stehe ich an sieben Tagen die Woche in Sörenberg im Entlebuch auf den Skiern. Bei Neuschnee schon ab halb neun Uhr früh. Dann fahre ich zuerst eine Stunde für mich.
Krueger: Kommt es vor, dass du wegen deines Jobs ein Spiel verpasst?
Steiner: Nein, ich kenne ja den Spielplan und kann planen. Zudem bin ich im Stundenlohn angestellt. Arbeite ich nicht, gibts einfach keinen Lohn.
Dann kann es sein, dass Sie nach einem Tag auf der Piste abends noch ein Spiel bestreiten?
Steiner: Ja, und das spürt man Anfang Saison auch. Aber man gewöhnt sich an die Belastung.
Krueger: Was studierst du?
Steiner: Ich habe Sport und Geografie studiert und mache nun ein Zwischenjahr. In der Metzgerei meines Vaters erledige ich Büroarbeiten. Zudem unterrichte ich als Stellvertretung an diversen Mittelschulen. Nachher werde ich mich in Richtung Athletiktrainer weiterbilden. In diesem Bereich durfte ich bereits erste Erfahrungen sammeln.
Krueger: Ich machte den Bachelor in Hotelmanagement. Mit bald 31 sollte ich mir nun den nächsten Schritt überlegen.
Vermissen Sie im Vergleich mit Krueger etwas in Ihrem Leben?
Steiner: Wir würden auch gerne täglich und nicht bloss dreimal wöchentlich aufs Eis. Aber viele fahren direkt nach der Arbeit ins Training. Und an den Wochenenden wird gespielt. Die Familienväter sind also schon jetzt kaum zu Hause.
Kommt Neid auf, dass Sie nicht wie Justin Krueger Woche für Woche vor 17'000 Fans spielen können und mehrere Hunderttausend Franken pro Jahr verdienen?
Steiner: Neid ist das falsche Wort. Ich mag es jedem gönnen. Aber natürlich würde auch ich gerne ein solches Leben führen und mein Hobby zum Beruf machen.
Krueger: Ich nehme an, du verdienst nichts mit Hockey?
Steiner: Nicht so viel. Wir bekommen einen Teil der Spesen entschädigt und erhalten Materialgeld. Zudem werden Hosen, Helme und Handschuhe zur Verfügung gestellt.
Krueger: Kennst du jemanden aus unserem Team?
Steiner: Ja, mit Gaëtan Haas spielte ich in der Junioren-Nati. Simon Moser und Eric Blum waren meine Teamkollegen in Langnau. Für die Tigers durfte ich vier NLA-Spiele bestreiten, eines davon in Bern.
Krueger: Wann war das?
Steiner: 2009. Danach erkrankte ich am Pfeifferschen Drüsenfieber, lag zwei Monate im Bett. Die Saison war gelaufen.
Weshalb schafften Sie den Schritt zum Profi nicht?
Steiner: Vielleicht lags an der körperlichen Verfassung. Vielleicht an der Spielfähigkeit. Es gibt viele mögliche Gründe. Ich werfe mir nichts vor, gab stets mein Bestes.
Krueger: Man braucht auch Glück. Ich wollte mit 13 Jahren alles hinschmeissen, verlor komplett den Spass am Hockey. Meine Eltern sicherten mir ihre Unterstützung zu, meinten aber, ich solle nichts überstürzen und einen Monat warten.
Was war passiert?
Krueger: Ich hatte Stress in der Schule und im Team nicht jene Rolle, die ich wollte. Als Kind weisst du oft nicht wie mit negativen Situationen umzugehen.
Was vermissen Sie in Ihrem Leben, was Steiner hat?
Krueger: Das Skifahren! Ich erinnere mich übrigens noch gut an meine Zeit in der 1. Liga. Manchmal hatten wir zu wenig Spieler. Oder der Coach fehlte. Auf jeden Fall kam der Spass nie zu kurz. Nach jedem Match gabs eine Kiste Bier. Das war hart für mich. Ich hatte oft am nächsten Tag wieder ein Spiel.
War es hart, weil Sie mittranken und dann büssten?
Krueger: Nein. Ich war 16, hatte mit dem Gymnasium und vier Spielen pro Woche viel zu tun. Da konnte ich nicht noch feiern.
Gibts in Brandis auch Bier?
Steiner: Es gibt welches im Kühlschrank. Aber mittlerweile überwiegen die mineralischen Getränke. Auch nach den Trainings wird kaum noch getrunken.
Sie, Herr Krueger, stehen permanent in der Öffentlichkeit, können anders als Adrian Steiner im Ausgang nicht einfach mal über die Stränge schlagen.
Krueger: Auch wir sind Menschen und gehen in den Ausgang. Die Frage ist, wann der richtige Zeitpunkt dafür ist. Nach der letzten Saison war sicher ein guter (lacht).
Also stört Sie die fehlende Anonymität nie?
Krueger: Ich bin damit aufgewachsen, dass sich die Leute in den Restaurants nach meinem Vater umdrehten. Das störte anfänglich, doch man gewöhnte sich daran.
Wird Ihnen auch mal was offeriert?
Krueger: Nein, aber das erwarte ich auch nicht. Die Leute in der Schweiz sind diskret.
Wie fiel eigentlich die Reaktion aus, als Brandis den SCB als Gegner zugelost bekam?
Steiner: Die Freude war riesig. Die Hälfte des Teams spielte mal bei den SCB-Junioren.
Krueger: Habt ihr kürzlich bei uns trainiert?
Steiner: Ja, wir durften drei Wochen lang in Bern trainieren.
Krueger: Wir hatten einen Fananlass. Da sah ich ein paar Spieler. Einen mit einer EHC-Biel-Tasche. Einen anderen mit einer Langnau-Tasche. Ich fragte mich noch, was das für Leute sind. Man sagte mir dann, dass das unser Cup-Gegner sei. Wo spielt ihr eigentlich?
Steiner: In Hasle.
Krueger: Wo ist das?
Steiner: Bei Burgdorf. Aber das Spiel findet in Huttwil statt. Das ist auch gut für euch. Die Kabinen dort sind schöner.
Hat man als Amateur Angst vor den kräftigeren NLA-Stars?
Steiner: Angst nicht, aber Respekt.
Krueger: Steiner ist doch auch ein Kasten!
Steiner: Also wir haben schon Spieler, die hinstehen können.
Krueger schied am Samstag im Spiel gegen Lugano (4:5 n.P.) mit Verdacht auf eine Hirnerschütterung aus und dürfte gegen Brandis fehlen.
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EHC Brandis – SC Bern live auf BLICK
Mittwoch, 20. September 2017, 20 Uhr, Sportzentrum Huttwil
Der EHC Brandis stammt aus den beiden Berner Gemeinden Rüegsau und Hasle bei Burgdorf. Weil der Klub mit dem SCB ein Traumlos gezogen hat, spielt er in Huttwil. Für Brandis ist es bereits die vierte Cup–Teilnahme. Bislang schieden sie stets in der 1. Runde gegen einen B-Ligisten aus (zweimal Langenthal, einmal Visp). Der SCB hingegen konnte schon zweimal den Cup gewinnen: 1965 gegen Villars (siehe Seite 26) und bei der Wiederbelebung des Cups 2015 (3:1-Finalsieg gegen Kloten).
Auf Blick.ch gibt es dieses Spiel live und exklusiv zu sehen!