Das Argument, Profisport sei sowieso nichts als Brot und Spiele, könnte wahrscheinlich überhaupt nie auf fruchtbarere Böden fallen als heute. Auf einen Schlag wurde praktisch ausnahmslos dem gesamten Weltsportgeschehen der Stecker gezogen. Anstelle einer fundamentalen Fachsimpelei über die jüngsten Playoff-Entscheidungen sehen wir uns gegenwärtig mit komplett elementaren Grundbedürfnissen unseres Daseins konfrontiert. Das Wettkampfschicksal der Lieblingssportler ist ab sofort unbedeutender als die Tatsache, ob sich unsere Katze gerade putzt oder nicht.
Kürzlich wurde meine Frau an einem öffentlichen Ort aufgrund meiner Präsenz ziemlich unzimperlich verbal angegangen. Was der Herr offensichtlich nicht begriffen hat: Menschen im Rollstuhl gehören nicht automatisch zu epidemiologischen Risikogruppen. Rasch wurde mir bewusst, wie tiefe Ängste in Mitmenschen derart irrationale Reaktionen hervorbringen.
Wir laufen in Notsituationen Gefahr, die Nerven zu verlieren oder uns in Vorurteilen zu verzetteln. Indem wir uns dessen bewusst sind, lässt sich dies durchaus vermeiden. Eine Krise stellt immer eine Gelegenheit zur Weiterentwicklung dar. Das Wichtigste in der jetzigen Zeit ist es, Positivität zu bewahren.
Unser Leben hat sich gerade um mindestens zwei Tempoeinheiten verlangsamt. Nutzen wir die aus Mangel an sportlicher und sozialer Ablenkung zwangsläufig intensivere Auseinandersetzung mit uns selbst und dem Umfeld zum Guten aus.
Doch schon jetzt gestehe ich an dieser Stelle offiziell ein, der Sport fehlt mir. Wenn die Zeit gekommen ist, und wir können ein Sportereignis – mit gehörig vielen Zuschauern wie auch Emotionen – wieder ruhigen Gewissens erleben: Ich werde es extrem schätzen und geniessen.