Der Grogg-Blog
Ein Rohrkrepierer

Der ehemalige Eishockey-Profi Stefan Grogg lebt mit der degenerativen Nervenkrankheit ALS. Er schreibt Kolumnen für SonntagsBlick und blick.ch.
Publiziert: 12.01.2021 um 18:14 Uhr
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Aktualisiert: 03.05.2021 um 10:51 Uhr
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Wegen seiner Krankheit zur Bewegungsunfähigkeit verdammt, bewegt Stefan Grogg den Cursor seines Laptops mit den Augen.
Foto: PIUS KOLLER
Stefan Grogg

«Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne», mit diesem prächtigen Titel verewigte sich Hermann Hesse einst in der literarischen Historie.

Zeigt das Kalenderblatt aufs Neue den Januar an, beginnt im Volk dringlich das Streben nach Besserung. Landauf wie landab wird eine persönliche, charakterliche Optimierung gelobt. Gute Vorsätze nennt sich dieser breitgetretene Wahn des Gutbürgertums.

Das Ergebnis? Meistens nichts als warme Luft. Im Grossteil der Fälle ist der Neujahrsenthusiasmus spätestens Anfang Februar verflogen. Kein Beinbruch zwar, nichtsdestotrotz ein Rohrkrepierer.

Woher stammt dieses alljährliche Begehren, ausgerechnet ein besserer Mensch zu werden, sobald sich Silvester verzogen hat? Neue Zeitrechnung, logo. Doch hauptsächlich haben rosige Aussichten etwas Befreiendes an sich. Zu alledem gesellt sich unhinterfragt der Faktor der Gewissensbesänftigung.

Trotzdem: Geplant werden können Neuanfänge nicht sonderlich gut. Effektiver sind sie nämlich, so brutal es tönt, wenn sie unangemeldet passieren. Präziser gesagt, wenn sie sich unverhofft oder zwangsweise zutragen. Ein Schicksalsschlag lässt einem gar keine Wahl. Die plötzlichen Situationsveränderungen sind zu einschneidend. Sie zwingen dich wohl oder übel zum nachhaltigen Wechsel deiner Gewohnheiten. Wer sich im Elend und vor einem emotionalen Trümmerhaufen stehend standhaft und entwicklungsfreudig beweist, den kann das Leben nur noch schwer im Lebensmut brechen.

Das 2020 war für die gesamte Erdenbevölkerung in einem eindrucksvollen Mass traumatisierend. Nutzt die Welt die Gelegenheit, sich in noch nie dagewesenen Grössenordnungen vorwärts zu entwickeln? Sich in Selbstlosigkeit üben, um – ganzjährig notabene – vermehrt Gutes zu tun?

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