In der Flughafenstadt entlädt sich der Unmut. Die Fans skandieren «Boltshauser! Boltshauser!» Der Grund? Goalie Martin Gerber floppt gegen Davos (5:6 n.V.) dreimal innerhalb von 260 Sekunden. Er greift daneben, lässt abprallen, wirkt unsicher. Die Fankurve verhöhnt ihn, verlangt nach dem jungen, aufstrebenden Luca Boltshauser (23).
Einen Tag später lässt Gerber gestern das freiwillige Training sausen. Er weilt beim Arzt, möchte darüber aber am liebsten gar nicht reden. «Das soll schliesslich keine Ausrede sein», sagt der Emmentaler. «Ich spielte einfach ein Scheiss-Drittel.»
Der 42-Jährige leidet an muskulären Problemen, bekam Krämpfe. «Es ist mühsam. Du musst schnell reagieren, hinkst aber hinterher. Ich wollte mich durchbeissen. Das war ein Fehler. Im Nachhinein ist man immer schlauer.»
Verständnis für die Fans
Gerber spricht, ohne Emotionen zu verraten. Der schwarze Abend scheint verdaut. «Nach dem Spiel war ich schon recht fertig», gibt Gerber zu. «Früher hätte ich mir dann tagelang den Kopf zerbrochen. Doch es bringt nichts, in Selbstmitleid zu verfallen.»
Bitter: Mit Gerber, dem Stanley-Cup-Sieger und WM-Silberheld, wird einer der verdienstvollsten Spieler zum Buhmann. «Das Business ist schnelllebig. Manchmal bist du halt der Depp», sagt der Routinier. «Ich verstehe die Fans. Ihr Ärger ist berechtigt. Wir hätten den Sieg heimbringen müssen.»
Emotionaler klingt Pascal Müller. «Mir tat es extrem weh», so der Sportchef. «Keiner hat es verdient, vom eigenen Anhang ausgepfiffen zu werden. Ich habe grossen Respekt vor den Jungs und dem, was sie in den letzten Monaten geleistet haben. Ohne sie wären wir heute nicht hier.»
Gerber akzeptierte im Sommer, dass er nun weniger als die Hälfte seines bisherigen Salärs kassiert.
Rotation wegen Programm
«Er hätte es sich einfach machen, aufhören und ins Trainerbusiness einsteigen können», so Müller. «Für uns ist Tinu extrem wichtig. Er hilft auch neben dem Eis, ist ein Riesen-Vorbild.»
Doch wieso wechselte Coach Pekka Tirkkonen den heissen Boltshauser aus? «Es geht nicht darum, ob einer heiss ist. Wir haben 20 Spiele in 51 Tagen, sind auf beide Torhüter angewiesen. Fällt einer aus, muss der andere Spielpraxis haben», so Müller. «Wir wollen Boltsi behutsam zur Nummer 1 aufbauen.»
Die jetzt aufkommende Kritik, es könnte für Gerber die berühmte Saison zu viel sein, prallt am Emmentaler ab. «Es gibt immer Leute, die es besser wissen. Ich komme wieder», verspricht er.