Mit Vorschusslorbeeren wurde er angekündigt, erntet aber für seine Pfeiferei viel Kritik: Profi-Schiedsrichter Marcus Vinnerborg (42) aus Schweden.
Marcus Vinnerborg. Ein Vorreiter. Der erste Europäer, der in der NHL als Profi-Schiedsrichter Spiele leiten durfte. Von 2010 bis 2012 pfiff der Schwede in Nordamerika. Davor und danach in der schwedischen SHL. Auch seine internationale Turniererfahrung inklusive der Olympischen Spiele 2010 und 2014 ist beachtlich.
Entsprechend euphorisch war die Ankündigung im Sommer, als Swiss Ice Hockey den 42-Jährigen als sechsten Profi-Schiedsrichter verpflichtete. Nur wenige Monate später steht Vinnerborg in heftigem Gegenwind.
Mit Fehlentscheiden schürt er Unzufriedenheit. Für sein Auftreten erntet er Kopfschütteln. Von Trainern, Spielern und den Medien. Wer ist dieser Schwede, der in seiner Heimat auch als Deutsch- und Englisch-Lehrer gearbeitet hat?
Vinnerborg spielte bei IF Troja-Ljungby Hockey. Er wirkt aufgeschlossen und selbstsicher. Die Schwelle zur Arroganz überschreitet Vinnerborg nicht. Er erzählt, dass es eine grosse Herausforderung gewesen sei, erneut die Liga zu wechseln. «Neue Arbeitskollegen, Trainer und Spieler. Und jeder mit seinen eigenen Stärken und Schwächen. Die muss man zuerst kennenlernen», sagt er.
Den Entscheid, in die NLA zu wechseln, fällte Vinnerborg mit seiner Familie. «Von unserem Aufenthalt in Nordamerika haben wir viel gelernt. Eine neue Kultur hat unser Leben bereichert.» Als die Möglichkeit kam, in der Schweiz zu arbeiten, wagten die Vinnerborgs ein neues Abenteuer.
Wer sich als 16-Jähriger entscheidet, eine Laufbahn als Schiedsrichter zu starten, weiss auch, worauf er sich einlässt. «Je früher man als Schiedsrichter realisiert, dass man sich nur weiterentwickeln kann, wenn man selbst sein härtester Kritiker ist, desto besser.»
Kein Schiedsrichter sei unfehlbar, und jeder gehe mit der Einstellung aufs Eis, den Job so gut wie möglich zu machen. «Aber egal, was und wie ich pfeife, die Leute haben ihre Meinung dazu», sagt Vinnerborg. «Was zählt, ist aber die eigene Meinung.»
Der Profi hat sich unbeliebt gemacht, weil er auf dem Eis kaum mit sich reden lässt. Vinnerborg: «Ich will keine Klagemauer sein. Wenn ich mit einem Spieler nicht über eine Entscheidung reden will, dann ist das in neun von zehn Fällen zu seinem Schutz.»
Es fällt auch auf, dass er im Vier-Mann-System als weiter entfernter Schiedsrichter oft Regelwidrigkeiten pfeift. Seine Erklärung: «So kann sich der nahe Schiedsrichter voll und ganz auf den Torraum konzentrieren.»
Dass er mit seiner Art aneckt, ist dem Schweden nicht verborgen geblieben. «Aber das ist ja kein Popularitäts-Contest hier. Wenn man Applaus will und darüber nachdenkt, ob man geliebt wird, ist man im falschen Job.» Er braucht weder Zuschauer, Spieler, Trainer noch Medien, die ihm die Fehler vorhalten. «Glauben Sie mir, jeder Schiedsrichter weiss selbst am besten, wann er eine Situation falsch gepfiffen hat.»
Und wie fühlt er sich dann? «Ich bin dann enttäuscht und wütend.» Das grosse Ziel sei es jedes Mal, einen Fehler nicht zum zweiten Mal zu machen. Er wird im Team analysiert, ein Spiel sei für den Ref bis zwei, drei Tage danach nicht vorbei. «Man erreicht kein Toplevel, wenn man nicht kritikfähig ist. Kritik führt zu Weiterentwicklung, aber sie muss im richtigen Rahmen sein.»
Er mag Mode, er mag Architektur und schnelle Autos. Er spielt Golf wie ein Profi und muss die Finger von Motorrädern lassen: Fredrik Pettersson, Topskorer der NLA.
Dieser Typ trifft im Schnitt in fast jeder Partie ins Tor, im Tagesgeschäft bewegt er sich permanent im Grenzbereich. «Das ist meine Denkweise», sagt Fredrik Pettersson (27). Die Trefferquote ist rekordverdächtig. Und verhilft dem HC Lugano zu einem Anstrich, der schon fast wieder an den Lack erinnert, der zwischendurch abgeblättert ist. «Ein Spieler sollte den Anspruch haben, immer das Maximum zu leisten. Damit meine ich in jedem Spiel und während jedem Einsatz, nicht bloss ab und zu.»
Die eilige Fortbewegung liegt Pettersson auch privat sehr nahe: Fahren Sie einen Bentley Continental GT? «Ja, das tue ich.»
Er mag sonst auch die High-End-Produkte von Audi: den RS7 oder den R8 mit Zehnzylindertriebwerk: «Ich liebe eben die schnellen Autos.»
Als Jugendlicher spielte er neben Eishockey auch noch Tennis, Fussball, Unihockey, Golf oder Inlinehockey, fuhr wie ein Besessener Motocross oder trieb sich auf Inline-Skates in Halfpipes rum. «Ich bin immer noch ein Adrenalinjunkie. Heute muss ich allerdings die Finger von Motorrädern lassen, das ist zu gefährlich.» Auch die Akrobatik in der Halfpipe lässt er bleiben: «Mit 13 musste ich damit aufhören, ich war andauernd verletzt.»
Auf dem Golfplatz steht er auch nicht, um die Seele baumeln zu lassen: Handicap 1. «Da verstehe ich keinen Spass, mein Antrieb ist die absolute Verachtung für Niederlagen.»
Hat er Idole? «Martin St. Louis und Theo Fleury. Zwei grossartige Eishockeyspieler, die auch nicht sehr gross waren. Mir wurde vielfach gesagt, ich sei mit 175 cm zu klein. Die beiden haben bewiesen, dass Körpergrösse nicht das Mass aller Dinge ist.»
In der NHL hat er sich schon versucht, hatte 2010 bei Atlanta aber kein Glück. «Da lief zu vieles schief, und im Farmteam fiel ich dann zwischen Stuhl und Bank.»
Würde er nochmals einen Anlauf wagen? «Klar. Keine Tür ist für immer zu.» Selbst die KHL hat er nicht aus dem Gedächtnis gestrichen, obwohl er letztes Jahr bei Donezk nach nur fünf Spielen im zweiten Vertragsjahr gefeuert wurde. «Unglaublich war das, aber die haben mir, ohne mit der Wimper zu zucken, alles ausbezahlt.» Sein Vertrag in Lugano läuft bis Sommer 2016. «Und mir gefällts sehr gut hier. Der Klub tut wirklich viel für uns Spieler.»
Und von Lugano ist es nur ein kurzes Stück bis nach Mailand – wo es weitere Sachen gibt, die Pettersson gerne mag: Mode, Geselligkeit (Pettersson ist seit mehr als einem Jahr Single) und Architektur. Wenn er zum Beispiel ein besonderes Kleidungsstück sieht, tut er fast alles, um es zu bekommen. «Ich habe einen etwas speziellen Geschmack.» Er liebt auch etwas Schnickschnack, teure Bling-Bling-Klamotten, besondere Uhren oder das neueste Handy. «Wenn ich mal aus dem Stadion laufe, interessiert mich alles – ausser Eishockey.» In der Nacht aufbleiben und ein NHL-Spiel schauen? «Höchstens dann, wenn Erik Karlsson mit Ottawa spielt. Er ist einer meiner besten Freunde.»
Die eishockeyfreie Zeit verbringt er zu Hause in Göteborg, trifft sich mit Kumpels auf dem Golfplatz oder ist für seine Baufirma auf Achse, die er mit zwei Partnern betreibt. «Im Sommer brauche ich Abwechslung, sonst werde ich noch verrückt.»