Jeder Goalie sollte sich eigentlich dieses Datum merken: 1. November 1959. Damals setzte sich Jacques Plante, der Keeper der Montréal Canadiens, eine Maske auf. Dafür brauchte es allerdings einen Unfall. Im Spiel im Madison Square Garden gegen die New York Rangers wurde er von einem Schuss von Andy Bathgate getroffen. Er musste mit sieben Stichen genäht werden. Da es in dieser Zeit noch keinen Ersatzgoalie gab, musste er weiterspielen.
Um sein geschundenes, blutendes Gesicht zu schützen, kehrte der Kanadier mit einer selbst gefertigten Fiberglas-Maske aus der Kabine zurück. Sein Trainer, der legendäre Toe Blake, tobte. Doch Plante weigerte sich standhaft, ohne die Maske weiterzuspielen. Und auch wenn es seinem Coach nicht passte, spielte er auch danach mit dem Gesichtsschutz – zumal die Canadiens 18-mal in Folge gewannen. Und die Maske setzte sich in der Liga durch. Der letzte Torhüter, der in der NHL ohne Maske spielte, war 1974 Pittsburghs Andy Brown.
Mit Maske gewann Plante – nur ein Spiel verzichtete er 1960 noch einmal darauf – allerdings nur noch einen seiner sechs Stanley Cups. Später lebte er in Crans-Montana, wo er 1986 verstarb. Sein Grab liegt in Sierre. Zu seinen Ehren erhält der beste Schweizer Goalie jeweils die Jacques-Plante-Trophäe.
Seither hat sich die Qualität der Masken und Helme massiv verändert. Bei den Masken der ersten Stunde war der Schutz noch relativ bescheiden. Jeder Treffer hatte die Wirkung eines Faustschlags. Zudem wurden die Schüsse immer noch härter. Das Leben der Goalies war auch mit Maske kein Zuckerschlecken. So soll sich der legendäre Chicago-Keeper Glenn Hall (Stanley-Cup-Sieger 1961) vor jedem Spiel übergeben haben.
Während Plante vor 60 Jahren die Maske salonfähig machte, war er nicht der erste Goalie, der in der NHL eine trug. Denn dies war bereits 1930 der Fall, als der vierfache Stanley-Cup-Champion Clint Benedict, ebenfalls in New York gegen die Rangers, mit einem Lederschutz im Tor der Montreal Maroons stand, weil er sich davor das Jochbein gebrochen hatte. Und an den Olympischen Spielen 1936 in Garmisch spielte der Japaner Teiji Honma zwei Partien mit einem Baseball-Catcher-Gitter, um seine Brille vor Schaden zu bewahren.
Die wahre Pionierin ist allerdings eine Frau: Elizabeth Graham stand 1927 mit einer Fechtmaske im Tor ihres kanadischen Universitätsteams Queen’s, angeblich, weil sie sich Sorgen um ihre Zähne machte.
«Meine Frau verlangte, dass ich mich schütze»
Und in der Schweiz? Da entdeckte man die Masken erst ein wenig später. Und zwar war es Servettes Nati-Goalie Daniel Clerc, der in den 60er Jahren der Erste war. «Nachdem ich zwei Pucks ins Gesicht gekriegt hatte, verlangte meine Frau, dass ich mich schütze», erzählte er Jahre später der «Tribune de Genève». Zusammen bastelte das Paar darauf einen Gesichtsschutz aus einem Nylonstrumpf, Gips, Paraffin und Fiberglas.
Auch Clerc hatte eine historische Begegnung mit Bathgate, als er im Cupfinal einen Penalty des kanadischen NHL-Stars zum Schluss von dessen Gastspiel in Ambri hielt.
Wie brutal das Leben der Goalies vor der Zeit der Masken war, zeigt ein eindrückliches Bild von Terry Sawchuk, dem vierfachen Stanley-Cup-Sieger mit Detroit und Toronto, auf dem er sich von einem Visagisten alle seine Wunden, die mit über 400 Stichen genäht worden waren, hervorheben liess. Ein Bild des Grauens, das vielleicht erklärt, warum Sawchuk, der bis 1962 ohne Maske spielte und auch zahlreiche Hirnerschütterungen erlitt, dem Alkohol verfiel.
Doch die Männer, die sich ohne Schutz den Gegnern stellten, faszinierten auch die Massen. Sie schrieben Heldengeschichten – und wurden, nachdem sie jeweils wieder halbwegs zusammengeflickt waren, entsprechend gefeiert, wenn sie sich nach einem langen Unterbruch wieder ins Tor stellten.
Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, sich ohne Maske in ein Eishockey-Tor zu stellen. Doch René «Gagu» Kiener spielte lieber oben ohne.
Zweimal ist René Kiener, der mit 81 immer noch einen taufrischen Eindruck hinterlässt, mit dem SCB Meister geworden: 1959 und ‘65. Er spielte 13 Jahre lang ohne Maske, bis das Tragen Ende der 60er Jahre obligatorisch wurde. «Wenn Sie mich ehrlich fragen: Ich hätte nie eine Maske getragen», sagt «Gagu», wie ihn in Bern alle nennen. «Sie war ein blöder Fremdkörper. Als ich sie zum ersten Mal trug, lagen wir in Langnau schnell 0:2 zurück.
Ich zog sie ab und warf sie ins Publikum. Danach gewannen wir 4:2.»
Die Maske lag direkt auf der Haut. Man schwitzte. «Wurde man von einem Gegner getroffen, ging sie auf. Zudem war der Blickwinkel stark eingeschränkt. Man musste ständig den Kopf drehen. Das war das Schlimmste», sagt der Mann, der die Nummer 0 trug.
Doch wie war es, ohne Maske zu spielen? «Das Problem war mehr das Licht auf den Eisbahnen. Das war nicht überall gleich. In Paris wurde ich von einem Puck aus zwei Metern getroffen», sagt
Kiener. «Der Jochbeinknochen war gespalten. Die Wunde wurde kurz genäht. Dann spielte ich weiter. Das war kein Problem. Man war jeweils wie betäubt. Und dieses Gefühl war umso stärker, je härter der Schuss kam. Ich spürte auch die Stiche beim Nähen nicht. Nachher lag ich dann drei Tage im Spital.»
Sonst habe er bloss kleinere Wunden, vielleicht zwei Zentimeter lang, gehabt. «Ich wurde ein paar Mal genäht. Weil es zunächst keine Ersatzgoalies gab, wurde das Spiel jeweils für 15 Minuten unterbrochen. Während dieser Zeit wurde die Wunde versorgt. Dann kehrte man zurück. Das war immer schwierig. Man musste aufpassen, dass man keine Angst hat und nicht zuckt, wenn der Puck kommt.»
Kiener betont, dass die Torhüter heute selten am Kopf getroffen werden. «Das war damals auch so.» Die Legende verfolgt das Geschehen auch heute noch interessiert. «Ich habe neulich Leonardo Genonis Maske anziehen dürfen. Wenn ich diese mit jener von Renato Tosio vergleiche, die er mir geschenkt hat, liegen Welten dazwischen. Sicht und Schutz sind besser, ausserdem wurden sie von Jahr zu Jahr immer leichter.» (Angelo Rocchinotti)
Aus heutiger Sicht ist es unvorstellbar, sich ohne Maske in ein Eishockey-Tor zu stellen. Doch René «Gagu» Kiener spielte lieber oben ohne.
Zweimal ist René Kiener, der mit 81 immer noch einen taufrischen Eindruck hinterlässt, mit dem SCB Meister geworden: 1959 und ‘65. Er spielte 13 Jahre lang ohne Maske, bis das Tragen Ende der 60er Jahre obligatorisch wurde. «Wenn Sie mich ehrlich fragen: Ich hätte nie eine Maske getragen», sagt «Gagu», wie ihn in Bern alle nennen. «Sie war ein blöder Fremdkörper. Als ich sie zum ersten Mal trug, lagen wir in Langnau schnell 0:2 zurück.
Ich zog sie ab und warf sie ins Publikum. Danach gewannen wir 4:2.»
Die Maske lag direkt auf der Haut. Man schwitzte. «Wurde man von einem Gegner getroffen, ging sie auf. Zudem war der Blickwinkel stark eingeschränkt. Man musste ständig den Kopf drehen. Das war das Schlimmste», sagt der Mann, der die Nummer 0 trug.
Doch wie war es, ohne Maske zu spielen? «Das Problem war mehr das Licht auf den Eisbahnen. Das war nicht überall gleich. In Paris wurde ich von einem Puck aus zwei Metern getroffen», sagt
Kiener. «Der Jochbeinknochen war gespalten. Die Wunde wurde kurz genäht. Dann spielte ich weiter. Das war kein Problem. Man war jeweils wie betäubt. Und dieses Gefühl war umso stärker, je härter der Schuss kam. Ich spürte auch die Stiche beim Nähen nicht. Nachher lag ich dann drei Tage im Spital.»
Sonst habe er bloss kleinere Wunden, vielleicht zwei Zentimeter lang, gehabt. «Ich wurde ein paar Mal genäht. Weil es zunächst keine Ersatzgoalies gab, wurde das Spiel jeweils für 15 Minuten unterbrochen. Während dieser Zeit wurde die Wunde versorgt. Dann kehrte man zurück. Das war immer schwierig. Man musste aufpassen, dass man keine Angst hat und nicht zuckt, wenn der Puck kommt.»
Kiener betont, dass die Torhüter heute selten am Kopf getroffen werden. «Das war damals auch so.» Die Legende verfolgt das Geschehen auch heute noch interessiert. «Ich habe neulich Leonardo Genonis Maske anziehen dürfen. Wenn ich diese mit jener von Renato Tosio vergleiche, die er mir geschenkt hat, liegen Welten dazwischen. Sicht und Schutz sind besser, ausserdem wurden sie von Jahr zu Jahr immer leichter.» (Angelo Rocchinotti)