Conacher ist die neue SCB-Attraktion
Die Wunder-Story von Cory

Wer Cory Conacher heute beim Start gegen die ZSC Lions übers Eis fliegen sieht, ahnt nicht, dass der neue SCB-Stürmer über eine Krankenakte verfügt. Doch als der Kanadier vor 25 Jahren zur Welt kam, «sagten die Ärzte, ich werde nie richtig gehen können».
Publiziert: 08.09.2015 um 21:16 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 20:17 Uhr
Von Stephan Roth, Angelo Rocchinotti (Text) und Kathi Bettels (Fotos)

Der kleine Cory litt an einer Blasen-Ekstrophie. Seine Blase war ausserhalb des Körpers. Als er fünf Tage alt war, brauchte er eine zehnstündige Operation. «Ich glaube, sie mussten meine Hüften brechen», sagt der SCB-Hoffnungsträger. Wegen den Eingriffen hat er keinen Bauchnabel und eine Blase, die achtmal kleiner ist als im Durchschnitt.

Im Alter von drei und fünf Jahren folgten weitere schwere Operationen. Nach Wochen im Spitalbett musste Conacher von Neuem gehen lernen.

Doch seinem Naturell entsprechend rannte er schon bald allen Prognosen zum Trotz wieder rum und spielte auch Hockey. Dabei kam es ihm entgegen, dass sein Vater mehrere Eishallen betrieb. «So konnte ich jederzeit aufs Eis.»

Mit 8 Jahren erhielt Conacher die Diagnose Diabetes

Mit acht kam der nächste herbe Dämpfer. «Ich war plötzlich müde und schaute nur noch Fernsehen. Und in der Nacht stand ich auf, um aufs WC zu gehen und zu trinken.» Die Diagnose lautete: Diabetes.

Seither hat Conacher gelernt, als Zucker-Kranker zu leben. Als 12-Jähriger bekam er – wie ZSC-Stürmer Jan Neuenschwander – eine Insulin-Pumpe. Ein handygrosses Gerät, das den Zuckerspiegel misst und den Körper direkt mit Insulin versorgt. Zuweilen trägt er diese auch bei den Spielen.

Und stets hat auch ein Betreuer Traubenzucker für den Goal­getter auf der Bank.

Heute setzt sich Conacher mit Charity-Projekten für Zuckerkranke ein. Er will damit den Kids zeigen, dass man trotz Diabetes Spitzensport betreiben kann. «Bei den Junioren ver­setzte mich mein Trainer in eine tiefere Stufe, weil ich Diabetes hatte und klein war», sagt der nur 1,71 Meter grosse Stürmer. «Doch heute kann ich sagen, dass mich das für meine ganze Karriere zusätzlich motiviert hat.»

Seine neuen Teamkollegen beim SCB wissen von Conachers Krankheit. Hat er sich vors Team gestellt und gesagt «hört mal all: ich habe Diabetes»? «Nein, doch die Kollegen haben mich darauf angesprochen, als sie meine Insulinpumpe gesehen haben. Einige wussten nicht über Diabetes Bescheid.»

Trotz gesundheitlichen Handicaps und Widerständen schaffte der kleine, bissige Kämpfer 2012 den Sprung in die NHL und schlug unter dem jetzigen SCB-Trainer Guy Boucher bei Tampa Bay (35 Spiele, 24 Punkte) gross ein.

Doch dann wurde er im Tausch mit dem heutigen Star-Goalie Ben Bishop nach Ottawa geschickt – und es ging bergab. Zuletzt stürmte Conacher an der Seite von Sven Bärtschi in der AHL bei Utica.

Doch jetzt will der 25-Jährige, der mit seiner Frau Shannon, die er im Sommer heiratete, und einem kleinen Hund in Ittigen BE wohnt, bei seinem alten und neuen Coach wieder durchstarten.

«Ich hoffe, dass ich unter Boucher mein Spiel wieder finde», sagt eine der grossen neuen Attraktionen der NLA. Er könne sich nach den ersten positiven Eindrücken trotz einer NHL-Ausstiegsklausel in seinem Zweijahresvertrag durchaus vorstellen, langfristig in Bern zu bleiben.

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