Adi Wichser blickt auf CHL-Triumph 2009 zurück
«Wir hatten die perfekte Work-Life-Balance»

Am Dienstag wollen die ZSC Lions die Champions League gewinnen. Wie vor 16 Jahren. Adi Wichser war damals einer der Hauptdarsteller – und blickt am Ort, wo seine Goldmedaille hängt, zurück.
Foto: Christian Merz
Champions League: Adi Wichsers ZSC-Gold von 2009 hängt in einem Pub
«Die Leute haben mich hier in Ruhe gelassen»
0:55
Wichser im Interview:«Die Leute haben mich hier in Ruhe gelassen»
Publiziert: 16.02.2025 um 13:36 Uhr
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Aktualisiert: 16.02.2025 um 14:41 Uhr

Das Paddy O’Brien's Old Irish Pub in Winterthur. Hier hängt die Goldmedaille, die sich Adi Wichser (44) am 28. Januar 2009 nach der unvergesslichen 5:0-Gala der ZSC Lions im entscheidenden Finalspiel gegen Magnitogorsk umhängen liess. Damals, in der alten Champions League, in der auch noch die russischen Topteams dabei waren. Und in einem Zeitalter, in dem WM-Silbermedaillen der Nati noch ins Reich der Träume gehörten, was diesen Triumph noch sensationeller machte.

Machte das ZSC-Wunder von 2009 möglich: Sean Simpson.
«Die zwei Gegentore im Final fand ich gut»

Sean Simpson (64, Trainer der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009): «Der Start in die Kampagne war eigentlich schlecht. Im ersten Spiel auswärts gegen Linköping kassierten wir sogleich ein Gegentor. Doch weder die Spieler noch die Zuschauer haben dieses Tor gefeiert. Sie glaubten, dass es ein einfacher Abend wird. Es wurde dann anders, wir haben ein fantastisches Spiel gemacht und 7:2 gewonnen. Das war der perfekte Anfang dieser unglaublichen Reise.

Wir haben die Champions League als etwas Besonderes betrachtet. Und so haben wir jeweils für Montag, wenn anschliessend Champions League auf dem Programm stand, alle Sachen aus der Kabine entfernt, die uns an die nationale Meisterschaft erinnert haben. Wir wollten für diese europäischen Spiele eine besondere Atmosphäre schaffen, und da wir gleich mit einem Sieg loslegten, hat dies als roter Faden funktioniert.

Im Hinspiel des Finals in Magnitogorsk führten wir lange mit 2:0, kassierten zum Schluss aber noch zwei Tore. Ich fand das aber gut, denn so kam man nicht in Versuchung, etwas verwalten zu wollen. Das Rückspiel in Rapperswil war einer der besten Matches, an denen ich je beteiligt war. Bis heute werde ich oft auf dieses 5:0 angesprochen.»

Machte das ZSC-Wunder von 2009 möglich: Sean Simpson.

Sean Simpson (64, Trainer der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009): «Der Start in die Kampagne war eigentlich schlecht. Im ersten Spiel auswärts gegen Linköping kassierten wir sogleich ein Gegentor. Doch weder die Spieler noch die Zuschauer haben dieses Tor gefeiert. Sie glaubten, dass es ein einfacher Abend wird. Es wurde dann anders, wir haben ein fantastisches Spiel gemacht und 7:2 gewonnen. Das war der perfekte Anfang dieser unglaublichen Reise.

Wir haben die Champions League als etwas Besonderes betrachtet. Und so haben wir jeweils für Montag, wenn anschliessend Champions League auf dem Programm stand, alle Sachen aus der Kabine entfernt, die uns an die nationale Meisterschaft erinnert haben. Wir wollten für diese europäischen Spiele eine besondere Atmosphäre schaffen, und da wir gleich mit einem Sieg loslegten, hat dies als roter Faden funktioniert.

Im Hinspiel des Finals in Magnitogorsk führten wir lange mit 2:0, kassierten zum Schluss aber noch zwei Tore. Ich fand das aber gut, denn so kam man nicht in Versuchung, etwas verwalten zu wollen. Das Rückspiel in Rapperswil war einer der besten Matches, an denen ich je beteiligt war. Bis heute werde ich oft auf dieses 5:0 angesprochen.»

Wichser war eine der Schlüsselfiguren der Zürcher und gemeinsam mit seinem kanadischen Teamkollegen Jean-Guy Trudel mit 13 Punkten der Topskorer der Champions-League-Saison. «Es war wie bei Asterix – wir gegen die Römer. Der Favorit war in jedem Spiel ohnehin der Gegner, doch wir waren in einem Flow, spielten so unbeschwert auf und waren für die Gegner dadurch schwer auszurechnen», erinnert sich Wichser zurück.

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Adrian Wichser blickt nochmals auf den Champions-League-Triumph 2009 zurück.
Foto: Christian Merz

Stellenwert wird ihm erst Jahre später bewusst

Es habe sich ein riesiger Kitt im Team entwickelt, auch neben dem Eis. Nach den Siegen im entscheidenden Gruppenspiel auswärts gegen Slavia Prag oder im Halbfinal in Helsinki gegen Espoo habe man dies genossen und gefeiert, «und da waren stets alle dabei, auch jene, die eigentlich gar keine Lust auf ein Bier hatten», erzählt der Winterthurer und sagt mit einem Schmunzeln: «Wir hatten die perfekte Work-Life-Balance – aber es war auch eine andere Zeit.»

Mathias Seger mit der Champions-League-Trophäe.
Keystone
«Statt ausgebuht, wurden wir gefeiert»

Mathias Seger (47, Captain der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009): «Es war sportlich und auch wie wir als Team über diese Spiele zusammengewachsen sind, eine riesige Geschichte, die in meiner Erinnerung tief verankert ist. Mit dem Sieg zum Auftakt bei Linköping ist der Glaube bei uns gewachsen, dass wir diese grossen Mannschaften tatsächlich schlagen können. Die hatten zwar alle mehr Talent, aber wir waren taktisch und kämpferisch besser.

Es ist eine richtige Euphorie um diese Kampagne entstanden, auch bei den Fans, die dann immer zahlreicher mitgereist sind, was für uns enorm schön war und mitgeholfen hat, uns immer weiterzutragen. Ich werde auch nie vergessen, wie man uns nach dem Gewinn der Champions League in den anderen Stadien im Land empfangen hat. Für gewöhnlich hat man uns dort ausgebuht, doch damals wurden wir überall beklatscht und gefeiert. Das waren megaschöne Erlebnisse.»

Mathias Seger mit der Champions-League-Trophäe.
Keystone

Mathias Seger (47, Captain der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009): «Es war sportlich und auch wie wir als Team über diese Spiele zusammengewachsen sind, eine riesige Geschichte, die in meiner Erinnerung tief verankert ist. Mit dem Sieg zum Auftakt bei Linköping ist der Glaube bei uns gewachsen, dass wir diese grossen Mannschaften tatsächlich schlagen können. Die hatten zwar alle mehr Talent, aber wir waren taktisch und kämpferisch besser.

Es ist eine richtige Euphorie um diese Kampagne entstanden, auch bei den Fans, die dann immer zahlreicher mitgereist sind, was für uns enorm schön war und mitgeholfen hat, uns immer weiterzutragen. Ich werde auch nie vergessen, wie man uns nach dem Gewinn der Champions League in den anderen Stadien im Land empfangen hat. Für gewöhnlich hat man uns dort ausgebuht, doch damals wurden wir überall beklatscht und gefeiert. Das waren megaschöne Erlebnisse.»

Eine Zeit, in der die ZSC-Spieler nicht gross nachdachten, sondern sich von der Erfolgswelle treiben liessen. «Als wir Magnitogorsk im Final dann tatsächlich besiegt hatten, war keinem so richtig bewusst, was wir erreicht haben. Mir persönlich wurde der ganze Stellenwert erst einige Jahre später klar.» Und so bezeichnet Wichser, der auch zweimal Meister wurde (je einmal mit Lugano und dem ZSC), an fünf WM-Turnieren und den Olympischen Spielen 2006 gespielt hat, jene Champions-League-Reise heute als sein «Karriere-Highlight».

TOV
«Das war nicht von dieser Welt»

Jan Alston (55, Stürmer der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009, aktuell Sportchef bei Davos): «Diese unfassbare Champions-League-Reise gehört zu den absoluten Highlights meiner Karriere. Auch heute spreche ich mit Freunden oder Teamkollegen von damals noch oft darüber. Es war beeindruckend, wie wir als Team über diese Spiele immer weiter gewachsen und immer noch näher zusammengerückt sind. Dazu wurden wir von Sean Simpson perfekt gecoacht, für jeden Gegner hatte er ein angepasstes Spielsystem bereit.

Ich werde das Final-Hinspiel in Magnitogorsk nie vergessen, als ich dort als Spieler der Starting Five auf dem Eis stand, begleitet von russischen Generälen und als das ganze Stadion die russische Nationalhymne sang. Es war so laut, das war ein unglaubliches Erlebnis, irgendwie nicht von dieser Welt. Aber selbst davon haben wir uns nicht beeindrucken lassen. Die Mannschaft von damals wurde für das Spiel am Dienstag eingeladen, und ich werde natürlich da sein und den ZSC unterstützen. Genauso wie wir damals von der ganzen Schweiz unterstützt wurden.»

TOV

Jan Alston (55, Stürmer der ZSC Lions beim CL-Triumph 2009, aktuell Sportchef bei Davos): «Diese unfassbare Champions-League-Reise gehört zu den absoluten Highlights meiner Karriere. Auch heute spreche ich mit Freunden oder Teamkollegen von damals noch oft darüber. Es war beeindruckend, wie wir als Team über diese Spiele immer weiter gewachsen und immer noch näher zusammengerückt sind. Dazu wurden wir von Sean Simpson perfekt gecoacht, für jeden Gegner hatte er ein angepasstes Spielsystem bereit.

Ich werde das Final-Hinspiel in Magnitogorsk nie vergessen, als ich dort als Spieler der Starting Five auf dem Eis stand, begleitet von russischen Generälen und als das ganze Stadion die russische Nationalhymne sang. Es war so laut, das war ein unglaubliches Erlebnis, irgendwie nicht von dieser Welt. Aber selbst davon haben wir uns nicht beeindrucken lassen. Die Mannschaft von damals wurde für das Spiel am Dienstag eingeladen, und ich werde natürlich da sein und den ZSC unterstützen. Genauso wie wir damals von der ganzen Schweiz unterstützt wurden.»

Und wieso ist die Goldmedaille seines grössten Triumphs zusammen mit weiteren Utensilien wie seinem Schlittschuh aus dem ZSC-Meisterjahr nun in einem Pub ausgestellt? «Der Besitzer Max Kühni war mein erster Hockeytrainer in Winterthur, und wir hatten dadurch immer eine spezielle Verbindung. Während meiner Karriere wurde das Pub dann zu meinem Rückzugsort, einer Art Wohnzimmer, wo man mich in Ruhe liess», erklärt Wichser.

Sein Stammpub in Winterthur war während der Karriere sein Rückzugsort, deshalb wollte Wichser seine Goldmedaille hier aufhängen lassen.
Foto: Christian Merz

Der Kreis schliesst sich in Winterthur

Mit Winterthur in der Swiss League liess Wichser auch seine Karriere ausklingen, ehe er mit 38 abtrat. «Als ich mit 17 ging, habe ich gesagt, dass ich irgendwann wieder hier spielen werde. Dass sich dieser Kreis dann tatsächlich geschlossen hat, ist speziell und schön für mich.» Seit seinem Rücktritt 2018 ist der frühere Stürmerstar bei seinem Stammklub Juniorentrainer und seit 2023 zudem auch Assistenzcoach der 1. Mannschaft. «Diesen Spagat zu haben, gefällt mir, und es macht mir grosse Freude dabei mitzuhelfen, die Jungen weiterzuentwickeln.»

Wer weiss, vielleicht hilft Adi Wichser gerade einem zukünftigen Champions-League-Helden auf die Sprünge. Doch zuerst ist am Dienstag die aktuelle ZSC-Generation gegen Färjestad am Zug.

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Champions Hockey League 24/25
Mannschaft
SP
TD
PT
1
Färjestads BK
Färjestads BK
6
16
17
2
ZSC Lions
ZSC Lions
6
10
14
3
Lausanne HC
Lausanne HC
6
8
14
4
HC Ocelari Trinec
HC Ocelari Trinec
6
8
12
5
HC Fribourg-Gottéron
HC Fribourg-Gottéron
6
7
12
6
Skelleftea AIK
Skelleftea AIK
6
4
12
7
Eisbären Berlin
Eisbären Berlin
6
7
11
8
Red Bull Salzburg
Red Bull Salzburg
6
7
11
9
Pelicans Lahti
Pelicans Lahti
6
6
11
10
Sheffield Steelers
Sheffield Steelers
6
5
11
11
Fischtown Pinguins
Fischtown Pinguins
6
4
10
12
Växjö Lakers
Växjö Lakers
6
1
10
13
HC Sparta Prag
HC Sparta Prag
6
-2
10
14
Genève-Servette HC
Genève-Servette HC
6
2
10
15
Straubing Tigers
Straubing Tigers
6
0
9
16
Tappara Tampere
Tappara Tampere
6
4
8
17
HC Pardubice
HC Pardubice
6
7
8
18
TH Unia Oswiecim
TH Unia Oswiecim
6
-5
8
19
Ilves Tampere
Ilves Tampere
6
-4
7
20
KAC Klagenfurt
KAC Klagenfurt
6
-10
5
21
Storhamar Hockey
Storhamar Hockey
6
-7
5
22
Rouen Dragons
Rouen Dragons
6
-21
1
23
Fehervar AV19
Fehervar AV19
6
-19
0
24
SönderjyskE Ishockey
SönderjyskE Ishockey
6
-28
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