Beni Thurnheer, wie geht es Ihnen?
Beni Thurnheer: Gut, danke. Ich halte mich an alle Vorgaben. Ich bin 70 und gehöre deshalb der sogenannten Risikogruppe an. Ich habe meine sozialen Kontakte auf ein Minimum heruntergefahren.
Das heisst?
Meine Frau Kathrin und ich besuchen uns natürlich immer noch regelmässig. Wir leben ja sozusagen in getrennten Haushalten zusammen. Sie in Altstätten SG, ich in Seuzach ZH. Die hundert Kilometer im Auto sind in der jetzigen Zeit ja fast schon eine willkommene Abwechslung (schmunzelt).
Was tun Sie, wenn Sie nicht gerade auf Besuch bei Ihrer Frau sind?
Mein Leben ist nicht so stark beeinträchtigt wie dasjenige von anderen Menschen. Ich musste zwar auch alle Moderationsaufträge absagen. Aber finanziell ist das für mich kein Problem. Ich bin ja Pensionär und beziehe AHV. Ich gehe in den Wald, fahre Velo und lese viel. Oder ich mache Dinge, die man halt so macht, wenn nichts zu tun ist. Bilder umhängen oder Fotos sortieren.
Haben Sie Ihre Vorratskammer gut gefüllt?
Nein. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb man Hamsterkäufe tätigen sollte. Wie stellen sich diese Menschen das vor? Dass alle sterben würden und sie selbst wegen der vielen Teigwaren noch zwei Wochen weiterleben?
Keine Angst vor dem Coronavirus?
Nein. Aber dieses Virus und seine rasante Ausbreitung sind schon ein wenig beängstigend. Die Menschheit hat es mit ihren Erfindungen zwar weit gebracht, aber das ist die Schattenseite der Globalisierung. Die Welt ist kein Betonblock mehr, sondern längst ein Kartenhaus geworden. Ein Virus, entstanden oder entdeckt in China, kann die ganze Welt lahmlegen. Wir befinden uns längst auf einem ganz schmalen Grat. Vielleicht kann das Coronavirus aber etwas Gutes haben, wenn man das überhaupt so sagen darf.
Was?
Dass unserem hyperaktiven Leben einmal der Stecker gezogen wird. Dass wir zur Ruhe gezwungen werden. Spazieren, kochen, lesen. Oder sich einfach auch mal langweilen. Vielleicht tut uns das gut.
Sie sind sehr belesen. Können Sie für alle, die sich langweilen sollten, drei Bücher empfehlen?
Ja. «Factfulness». Darin beschreibt der Norweger Hans Rosling zehn Gründe, weshalb wir die Welt viel schlechter sehen, als sie in Wirklichkeit ist. Ein herrliches Buch. Dürfte ich bestimmen, würde ich es zur Pflichtlektüre für alle machen. Dann «Brave New World», der Zukunftsroman von Aldous Huxley aus dem Jahr 1932. Und der Roman «Die Letzten ihrer Art» meiner Lieblingsautorin Maja Lunde. Mir fällt gerade auf, dass alle Bücher ein wenig zur aktuellen Situation passen – aber das ist wirklich nur Zufall.