Er war ausgezogen, um Amerika zu erobern. Doch Anthony Joshua (30) kehrte unverrichteter Dinge aus New York zurück. Im Madison Square Garden hatte es für den britischen Goldjungen eine Klatsche abgesetzt. Viermal war er nach Treffern von Andy Ruiz Jr. (30) zu Boden gegangen. Der Ersatzgegner, der pummelige US-Mexikaner, der nur antreten durfte, weil der ursprünglich vorgesehene US-Bad-Boy Jarrell Miller das Kunststück fertiggebracht hatte, dreimal in Folge durch die Dopingkontrolle zu rasseln, zeigte ihm den Meister. Und jagte ihm die Weltmeister-Titel der Verbände WBO, WBA und IBF ab.
«Er wurde gedemütigt», bringt es Ex-Champion Mike Tyson (53) auf den Punkt. «Es wird ihn entweder zu einem besseren Individuum, einem besseren Kämpfer, einem besseren Menschen machen, oder es wird ihn zerstören.»
«Ich bin nicht hier, um eine Show abzuziehen»
Tatsächlich geht es beim Rückkampf am Samstagabend (ca. 21.45 Uhr, DAZN live) um alles: Siegt Joshua, reiht er sich unter Grössen wie Muhammad Ali, Lennox Lewis und Evander Holyfield ein, die sich nach schweren Niederlagen den Weltmeistertitel zurückgeholt haben. Geht er in Riad (Saudi-Arabien) ein zweites Mal gegen Ruiz unter, kann er sich vorerst aus der Diskussion verabschieden, ob er der stärkste Boxer der Gegenwart ist.
«Ich bin nicht hier, um eine Show abzuziehen», sagt er denn auch. «Ich bin hier, um zu gewinnen.» Nach der Niederlage gegen Ruiz soll er jeden Stein umgedreht haben. Er reiste durch Nigeria, wo seine Eltern Wurzeln haben. «Für sich», sagt sein Betreuer Freddie Cunningham zur «Daily Mail». «Er hatte dort viele kommerzielle Angebote, aber er hat sich bloss auf sich konzentriert.»
Regelmässige Telefonate mit Ex-Champ Wladimir Klitschko
Seit der Niederlage gegen Ruiz habe er regelmässig mit Ex-Champ Wladimir Klitschko (43) telefoniert, auf dessen Anraten seinen Salzkonsum heruntergeschraubt. In den Sparring-Runden sei er dominant, meldet sein Camp. Er ist leichter geworden, wiegt nur noch 107 Kilogramm (Ruiz: 128 kg).
«Ich habe meinen Willen nicht verloren, meinen Kampfgeist auch nicht», sagt Joshua. «Ich bin direkt nach der Rückkehr aus New York wieder in den Boxkeller gegangen und habe auf den Sandsack eingedroschen. In meinem Herzen gibt es keine Angst, in meinen Augen nicht, in meinem Geist nicht.» Das klingt gut. Aber nun muss er es beweisen.