Tochter Laila Ali über ihren Vater
«Er hat uns alles gegeben!»

Es ist Frühling 2007. SonntagsBlick-Autor Peter Hossli trifft in Los Angeles Boxerin Laila Ali. Sie spricht eindrücklich über ihren Vater. Auszüge aus dem Gespräch von damals.
Publiziert: 05.06.2016 um 00:00 Uhr
|
Aktualisiert: 11.09.2018 um 09:05 Uhr
1/5
Ali gratuliert der Tochter 2005 mit einem Kuss: Auch Laila boxte, blieb 27 Kämpfe ungeschlagen.
Foto: Reuters
Peter Hossli

SonntagsBlick: Laila Ali, Ihr Vater ist die wohl bekannteste lebende Person der Welt. Was für ein Vater war er?

Laila Ali: Ein liebender und offenherziger. Sein Haus stand allen offen. Er hat uns verwöhnt und alles gegeben.

Ihr Vater verdankt dem Boxen alles. Dabei verletzte er sich und erkrankte an Parkinson. Warum stiegen Sie trotzdem in den Ring?

Parkinson stammt nicht vom Boxen, obwohl die Leute das immer wieder sagen. Parkinson ist eine Krankheit. Boxen macht nicht krank. Aber jeder Boxer, der nach Muhammad Ali zu kämpfen anfing, muss sich diese Frage gefallen lassen. Wir alle schauen zu ihm hoch, aber wir lassen uns nicht einschüchtern. Mit Angst kann man nicht leben.

Was haben Sie von Ihrem Vater gelernt?

Mein Vater ist der bekannteste Mensch der Welt, durchs Leben geht er aber ganz anders. Er denkt nie, besser als andere zu sein. Er ermutigt die so genannt kleinen Leute – die Abwarte, die Haushälterinnen – über sich hinauszuwachsen. Er bestärkt Menschen statt sie niederzumachen, egal wer sie sind. Ich bin genauso.

Haben Sie von ihm etwas für den Ring gelernt?

Man kann von meinem Vater sehr viel lernen. Aber Boxen ist heute ein anderer Sport als zu seiner Zeit.

Hat er Sie als Berufskollegin akzeptiert?

Er akzeptiert mich als seine Tochter, die sich entschieden hat zu boxen. Aber er mag es nicht, dass Frauen boxen. Gleichzeitig weiss er, dass ich mache, was ich will. Er ist glücklich, dass ich erfolgreich bin, und er ist glücklich, dass ich ihn nicht blamiere. Das ist sehr wichtig für ihn.

Sie heissen Ali. Es macht bestimmt Angst, ständig mit Muhammad Ali verglichen zu werden.

Überhaupt nicht. Ich vergleiche mich mit niemandem. Es wäre viel zu anstrengend, meinem Vater gerecht zu werden. Ich will ich sein. Ich liebe mich mehr als meinen Vater.

Etliche Boxerinnen beschuldigen Sie, dank Ihrem Namen voranzukommen.

Das ist zugleich das Offensichtlichste wie Dümmste, das jemand sagen kann. Ich bin Muhammad Alis Tochter. Mein Name ist Ali. Soll ich ihn etwa ändern? Ich bin nie in den Ring getreten, um meinen Vater zu imitieren. Hätte ich das getan, hätte ich es nie mehr stoppen können. Ich will nicht wie mein Vater sein. Ich will ich sein.

Was bedeutet Ihnen der Name Ali?

Mein Vater steht für viele Dinge. Er ist ein grossartiger Mann, er ist ein grossartiger Athlet. Er ist der Mensch geworden, der er immer sein wollte. Das ist auch mir gelungen. Viele Menschen wünschten, sie hätten ebenfalls den Mut dazu. Mir ist es gelungen. Weder habe ich Angst vor Selbstsicherheit und Selbstliebe, noch versuche ich, sie zu verstecken.

Ihr Vater gilt als grossartigster Athlet des 20. Jahrhunderts. Was wollen Sie sein?

Ich brauche keinen derartigen Titel. Mein Vater wollte, dass ihn alle als dies oder das anerkennen. Ich nicht, das ist der grosse Unterschied zwischen uns. Mir ist es völlig egal, was die Leute über mich denken.

Adidas hat im Computer einen Werbespot hergestellt, in dem Sie gegen den jungen Muhammad Ali boxen …

… es ist der beste Werbespot aller Zeiten…

… als er zu boxen anfing, war er in derselben Gewichtsklasse wie jetzt Sie. Hätten Sie eine Chance?

Natürlich nicht. Bezüglich Geschicklichkeit ist mein Vater der bessere Boxer.

Wo sind Sie besser?

Ich bin der bessere Fighter. Die furchtlosere Kämpferin, als es mein Vater war. Ich fürchte mich nicht vor dem Getümmel. Er mochte den In-Fight nicht. Er kämpfte von aussen. Das ist okay, aber nicht mein Stil. Ich bin stärker als er. Ich bin eine stärkere Schlägerin, als es mein Vater war.

Wie unterschieden sich die beiden Stile?

Mein Vater war der grössere Showman. Er wollte dem Publikum etwas bieten und tanzte im Ring herum. Ich kann meine Füsse schon auch bewegen, aber ich bin eher eine Kämpferin. Ich schlage öfters, stelle mich vor die Gegnerin und haue zu. Das Publikum ist mir egal, die Show ist mir egal. Ich haue dich um, sobald ich die Möglichkeit dazu habe. Mein Vater verlängerte die Kämpfe wegen der Show.

Ihr Vater ging ins Gefängnis, weil er nicht in den Vietnamkrieg wollte. Derzeit tobt ein Krieg im Irak. Warum gibt es heute keine solchen Opfer mehr?

Es ist eine andere Zeit. Mein Vater wollte in Vietnam nicht gegen Menschen kämpfen, die genau wie er unterdrückt wurden. Er wollte nicht für ein Land kämpfen, das ihn nicht liebte, das ihn in gewissen Restaurants nicht essen liess, das nach Rassen getrennt und voller Vorurteile war. Er zog es vor, seine Titel und alles, was er hatte, auf­zugeben und ins Gefängnis zu gehen. Ich würde dasselbe tun.

Externe Inhalte
Möchtest du diesen ergänzenden Inhalt (Tweet, Instagram etc.) sehen? Falls du damit einverstanden bist, dass Cookies gesetzt und dadurch Daten an externe Anbieter übermittelt werden, kannst du alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen lassen.
Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?