Heisser wurde dieses Jahr kein Kampf herbeigesehnt. Die WM-Revanche zwischen Andy Ruiz Jr. (30) und Anthony Joshua (30) beginnt mit einem Donnerschlag: Bereits in Runde 1 kassiert Ruiz eine Rechte des Briten, über seinem linken Auge öffnet sich eine blutende Wunde.
Ein denkbar schlechter Start für den Überraschungs-Weltmeister im Schwergewicht, der im Juni die Boxwelt geschockt hatte. Da erteilte der US-Mexikaner, der aussieht, als ob er seine Tage lieber in der Kneipe an der Ecke und beim Tätowierer verbringt, als im Boxkeller und im Kraftraum, dem überwältigenden Favoriten Joshua eine Lektion. Viermal schickte er ihn auf die Bretter, am Ende stand der Knockout und die Sensation: Der Underdog machte sich zum Weltmeister der Verbände IBF, WBA und WBO.
Doch am Samstagabend holt sich der britische Goldjunge die Krone zurück. «Er wurde gedemütigt», sagte Box-Legende Mike Tyson (53) vor dem Fight in Saudi-Arabien, der wegen der miserablen Menschenrechtslage im Land umstritten war. «Es wird ihn entweder zu einem besseren Individuum, einem besseren Kämpfer, einem besseren Menschen machen, oder es wird ihn zerstören.»
Zerstört wirkt Joshua nicht. Im Gegenteil: Der Modellathlet wirkt wach, boxt schlau, hält den kleineren und schwereren Ruiz auf Distanz. Instinkt-Fighter Ruiz kommt nur selten richtig an ihn heran, ist im Gegensatz zum ersten Duell so langsam, wie er aussieht. Es sieht aus, als ob Joshua sich eine Scheibe von Wladimir Klitschko (43) abgeschnitten hätte. Mit dem Ex-Weltmeister telefoniert der Brite regelmässig, holt sich Tipps bei ihm. Und die scheinen zu helfen. Souverän bringt Joshua den Sieg über die Runden, ist nach Punkten wieder dreifacher Weltmeister!
Und nun? Im Februar dürften die Superstars Deontay Wilder und Tyson Fury endlich zu ihrem Rückkampf (der erste Fight endete Unentschieden) antreten. Gegen den Sieger könnte es endlich um alle vier wichtigen Titel gehen – und die Frage nach dem stärksten Mann im Schwergewicht geklärt werden.