Tyson Fury ist ein Meister des Chaos'. Wladimir Klitschko hat er im WM-Kampf im November so völlig aus dem Konzept gebracht. Vor dem Kampf mit wirren, irren Aussagen und während dem Kampf mit wirrem, irrem Boxstil. Das sah so aus: Der Brite zuckte ständig mit Hals und Kopf. Mit den Handschuhen wischte er imaginäre Geister vor der Stirn weg. Die Arme liess er provokativ hängen, oder verschränkte sie hinter dem Rücken. Er lachte Klitschko ins Gesicht, hielt ihm beide Wangen hin, provozierte mit Worten, wechselte die Auslage von links auf rechts und zurück. Am Ende stand er als sensationeller neuer Weltmeister im Ring, weinte, jubelte und sang für seine Frau ins Mikrofon.
Und seither? Machte der 27-Jährige nichts mehr, ausser faulenzen und das Leben auf dem Thron geniessen. Training? Keine Lust, ein bisschen Jogging, ein bisschen Gewichte stemmen, halbherzig. «Ich habe Mühe mich zu motivieren,» lässt er die Welt via BBC Radio glauben. Mit dem Weltmeister-Titel habe er sich seinen Traum erfüllt. Mission beendet! «Ich kann mir gut vorstellen, in den Sonnuntergang zu segeln, ungeschlagen, mit all meinen Gürteln, und ein ganz normales Leben zu führen.» Er wisse wirklich nicht, was als nächstes komme und es sei überhaupt nicht sicher, ob es tatsächlich zu einem Rückkampf mit Klitschko komme. Er würde viel lieber anderes tun.
Nun ist aber dieser Rückkampf vertraglich fixiert. Das war er schon vor dem ersten Duell im November. Und Wladimir Klitschko wäre schlecht beraten, würde er Fury auf den Leim gehen. Jetzt, wo die PR-Maschine für diesen Kampf angeworfen ist. Wo ein Gerücht das andere jagt. Wo angeblich ein Scheich-Milliardär den Kampf auf seiner Luxusjacht austragen lassen will, exklusiv für 120 stinkreiche Zuschauer, von denen jeder eine Million Eintritt bezahlen soll. Wo die Wüstenmetropolen Dubai (Vereinigte Arabischen Emirate) und Doha (Katar) den Kampf unbedingt im eigenen Land austragen wollen und damit den Wembley-Plan der Engländer konkurrenzieren und das Wettbieten um den Austragungsort richtig lancieren. Solche Spielchen lassen Interesse und Kampfbörse in die Höhe schiessen.
Es ist nicht davon auszugehen, dass Tyson Fury sich diesen Big-Zahltag entgehen lassen wird. Klitschko wäre auch tief unglücklich, würde sein Bezwinger jetzt einfach das Weite suchen und ihm damit die Chance nehmen, Ehre und Titel zurückzugewinnen. Tysons Aussagen sind Psychospielchen. Er will ins Hirn von Klitschko kriechen, ihn verunsichern, aus der Routine holen, Chaos stiften. Dieser Kampf wird stattfinden, die Frage ist nur wann und wo. In der Wüste, auf einer Luxusjacht oder als Freiluftspektakel im Londoner Wembley-Stadion. Am 4. Juni wäre dieses noch frei. Ein idealer Termin sechs Tage vor dem Start der Fussball-EM in Frankreich.