Arnold Gjergjaj (33) war sich sicher, dass sie sich verfahren hatten. Irgendwo an der belgisch-holländischen Grenze suchten der Schweizer Schwergewichtsprofi und sein Manager Angelo Gallina 2013 den Weg zu Tyson Furys (29) Trainingscamp. Aber da war nichts. «Ich dachte, das Navi ist kaputt», sagt Gjergjaj zu BLICK.
Irgendwann tauchte doch noch ein Gebäude auf. «Irgendwo im Wald, ohne Adresse», sagt Gallina. «Es roch von weitem nach Schweiss und alten Socken. Sieben oder acht Männer haben da gehaust, wochenlang.» Furys Onkel Peter war der Chef der Horde. «Die Hierarchie war klar. Es wurde nicht diskutiert.» Furys Vater John sass damals im Knast. Er hatte einem Mann ein Auge ausgestochen.
«Da liefen Filme, garantiert nicht jugendfrei»
Im ersten Stock gab es ein paar Zimmer. Gjergjaj: «Da liefen den ganzen Tag Filme, garantiert nicht jugendfrei.» Die Schweizer wurden gemeinsam in einem anderen Gebäude einquartiert. Auf Matratzen am Boden hätten sie geschlafen, erinnert sich Gallina. «Es stank», sagt Gjergjaj.
Eine rauhe Umgebung, nichts von Glamour und Glitzerwelt, nicht wie etwa bei Wladimir Klitschko, wo das Duo ebenfalls zum Sparring eingeladen war. Der trainierte im Fünfsterne-Hotel, abgeschottet, nach wissenschaftlichen Kriterien, alles clean.
Fury mag heute in Marbella nach moderneren Methoden arbeiten, damals waren die Furys nach alter Schule unterwegs. Gallina: «Knallhart, ohne Pausen, ohne Pulsmessung, immer am Anschlag. Brutal.»
Hart war auch das Sparring mit dem 2,06 Meter grossen Briten. Die Runden zwischen Fury und Dillian Whyte, mittlerweile selber ein Kandidat für einen WM-Fight, haben die Kobra besonders beeindruckt. «Fury hat sich in einer Pause zu uns umgedreht und gesagt: In 20 Sekunden haue ich ihn k.o.! Es hat keine 20 Sekunden gedauert, da lag Whyte am Boden.»
Auch Gjergjaj bekam etwas ab. Fury brach ihm im Training eine Rippe. «Er kennt nur einen Gang: Vollgas!»
«Fury ist der geborene Entertainer»
Jahrelang hat Fury so geschuftet, vielleicht ist es darum kein Wunder, dass 2015 nach dem Triumph gegen Klitschko auf dem Höhepunkt der Zusammenbruch kam, mit Alkohol, Drogen, zweifelhaften Sprüchen.
Böse sein könne man dem Briten nie lange, sagt Gjergjaj. «Er ist ein witziger Kerl. Der geborene Entertainer.» Aber man dürfe sich nicht täuschen lassen. «Auch wenn er unseriös aussieht, er nimmt das Boxen sehr ernst. Er ist verrückt, aber er weiss genau, was er macht. Mit seinen Provokationen zermürbt er seinen Gegner, schleicht sich in seinen Kopf.»
Seinen Freund Sefer Seferi, der am Samstag gegen Fury boxt, hat Gjergjaj gewarnt. Obs nützt? «Es wird sehr schwer.