Er hatte ja auch Grund zu feiern. Als Andy Ruiz Jr. (30) im Juni in New York den überwältigenden Favoriten Anthony Joshua (30) ausknockte, war das eine Sensation. Der pummelige Underdog wurde zum ersten mexikanisch-stämmigen Weltmeister in der Geschichte des Schwergewichtsboxens. Da kann man schon mal ein Bier drauf trinken. Oder mehrere.
Letzteres hat Ruiz in den letzten Monaten denn auch gemacht. Er war in Mexiko unterwegs, wurde von Politikern hofiert, auf Parties eingeladen mit Unmengen an «Cerveza, Tequila, Tacos», wie «The Athletic» schreibt.
Seinen 30. Geburtstag feierte er mehr als extravagant: In seinem neuen Haus in Südkalifornien stieg die Party. Teil der Festivitäten: Models, auf deren nackten Körpern Sushi serviert wurde.
Ruiz kaufte sich einen weissen Rolls-Royce, andere Luxus-Schlitten, protzigen Schmuck voller Diamanten.
Zulangen tat er eben auch am Buffet: 128 Kilogramm wog Ruiz am Wochenende gegen Joshua – auf 1,83 m Körpergrösse. 7 Kilogramm mehr als noch im Sommer. Und die zusätzliche Masse waren definitiv keine Muskeln.
Er ist nicht der erste Boxer mit dem Problem. «Es ist hart, um fünf Uhr früh aufzustehen und im Training zu schuften, wenn man im Seidenpyjama schläft», sagte Ex-Champion Marvin Hagler einst.
Für Ruiz war es das erste Mal, dass er für einen Kampf siebenstellig verdiente. Im Sommer kassierte er rund 4 Millionen US-Dollar, für den Rückkampf beinahe 10 Mio. Nicht ganz einfach, für jemanden, der aus einfachen Verhältnissen stammt, nicht die Bodenhaftung zu verlieren.
Und so liess er sich gehen. Ohnehin kein Modellathlet, begann er erst im September mit dem Training für den Rückkampf. Und auch da scheint der Biss gefehlt zu haben. «Ich habe immer alles auf morgen geschoben», gibt er nun zu. «Ich bin froh, habe ich das jetzt gelernt, wo ich noch jung bin. Das ist für mich erst der Anfang.»
Noch hat er Zeit, sich zu rehabilitieren. Dafür zu sorgen, dass er nicht wie Mike-Tyson-Bezwinger Buster Douglas zur Eintagesfliege wird. Er verspricht: «Für meinen nächsten Kampf reisse ich mir wieder den Hintern auf.»