Die gute Nachricht zuerst: Tyson Fury ist wieder da. Zumindest das Entertainment-Paket, das bei Fury immer dazugehört, ist nach zweieinhalb Jahren Pause bereits wieder auf bewährtem Top-Niveau.
Gegen den Schweizer Sefer Seferi braucht der britische Riese ein paar Minuten, um mit den Fäusten wieder in Schwung zu kommen. Als Unterhalter ist er es von der ersten Sekunde an: Schon beim Einlaufen nimmt er sich und sein Kokain-Problem auf die Schippe, als er zu einer Adaption von Afromans «Cause I got high» in die Arena einläuft. Danach gibt es ein Küsschen auf Seferis Mund, später im Ring reihenweise Show-Einlagen. Fury geht so weit, dass ihn der Ref ermahnen muss, sich bitte aufs Boxen zu konzentrieren.
Als es endlich losgeht, lässt er seinen Gegner durch den Ring rennen. Er besetzt die Ringmitte, Seferi hechelt um ihn herum, testet Fury selten, wird aber auch nicht über die Massen verprügelt. Bis er, in Runde 4 von zwei Uppercuts erwischt, nicht mehr zur fünften Runde antritt.
«Keinen Sinn mehr gemacht»
Zuerst heisst es aus Seferis Camp, der Burgdorfer habe aufgegeben, einfach nicht mehr gewollt. Später spricht Seferi davon, er habe sich an der Schulter verletzt. Ein Schelm, wer böses dabei denkt.
Drängt sich eine Frage auf: Hat er einfach die Kohle abgeholt? «Ich bin ein Kämpfer», sagt Seferi zu BLICK. «Ich kämpfe überall. Ich habe Stolz.» Gross auf Diskussionen einlassen will er sich nicht: «Jeder kann sagen was er will.» Aber mit Fury im Ring zu stehen, mit «dem besten der Welt», sei eine ganz andere Sache. Seine rechte Schulter habe nicht mehr richtig funktioniert. «Da hat es keinen Sinn mehr gemacht.»
Ob der Kampf für Fury Sinn gemacht hat, ist ebenfalls eine gute Frage. Die 20'000 Zuschauer, die die Manchester Arena bis auf den letzten Platz füllten, wollten jedenfalls mehr sehen – und sicher nicht einen Gegner, der nach vier Runden einfach aufgibt. Es gibt Buhrufe und Pfiffe, vereinzelt fliegen sogar Bierbecher. Vielleicht hat der «Gypsy King» an diesem Samstagabend ein paar Sympathien verspielt.
Und sportlich sind wir so schlau wie vorher: Wie weit Fury auf dem Weg zu seinem vollen Leistungsvermögen derzeit ist, können wir nach dieser Vorstellung nicht beurteilen. Dafür wurde einfach zu wenig geboxt. Der intensivste Fight fand auf den Zuschauerrängen statt. Dort prügelte sich während dem Hauptkampf ein gutes Dutzend Zuschauer.