Der erste Kampf wurde sofort zum Klassiker. Die Revanche wird kaum in die Geschichte eingehen. Was bleibt nach dem zweiten Duell um die Schwergewichts-Weltmeisterschaft zwischen Anthony Joshua (30) und Andy Ruiz Jr. (30)? Dass Joshua nach der überraschenden Klatsche am 1. Juni einen Schritt nach vorne gemacht hat. «Zweifle niemals an dir», verkündet er nach seinem klaren Punktsieg. Und sagt mit den Worten des irischen Schnulzensängers Ronan Keating: «Life is a roller coaster» (Deutsch: «Das Leben ist eine Achterbahn»).
Mit dem Ziel vor Augen zurück an die Spitze
Nach seiner Niederlage im New Yorker Madison Square Garden war Joshua ganz unten. Jetzt ist er wieder Weltmeister von IBF, WBA und WBO, drei der vier wichtigen Weltverbände also. Er hat geschafft, was den legendären Muhammad Ali, Lennox Lewis und Floyd Patterson gelungen ist – sich im ersten Versuch verlorene Weltmeistertitel zurückzuholen. Joshua: «Wenn du jedesmal gewinnen willst, solltest du nicht in den Ring steigen. Im Ring wirst du siegen und verlieren, so ist das Leben. Solange du dabei mit dir zufrieden bist, hat dir niemand etwas zu sagen.»
Harte Kritik für Andy Ruiz
Nichts zu melden hat Titelverteidiger Andy Ruiz. Der ohnehin schon nicht austrainierte US-Amerikaner ist in Diriyah, einem Vorort von Riad (Saudi-Arabien) noch einmal 7 Kilogramm schwerer als beim ersten Duell – gleich viel wie einst Buster Douglas bei seiner Revanche-Niederlage gegen Mike Tyson. Stolze 128 Kilo bringt der 1,83 m grosse Ruiz am Samstag auf die Waage, wirkt langsam, undynamisch, schwach, kaum einmal gelingen ihm schnelle Kombinationen, seine eigentliche Stärke. Eine einzige Enttäuschung, was der erste mexikanisch-stämmige Schwergewichts-Weltmeister der Geschichte aufführt.
«Ich habe mich nicht so vorbereitet, wie ich es hätte tun sollten», gibt der Snickers-Fan danach zu. «Ich habe zu viel zugenommen. Ich dachte, ich fühle mich stärker, ich sei besser. Ich werde mehr arbeiten beim nächsten Mal. Aber es gibt keine Ausreden. Joshua war heute besser.»
Dafür setzt es scharfe Kritik am Verlierer ab. «Ruiz hat eine grosse Chance vergeben», twittert etwa der zurückgetretene Weltmeister André Ward (35). «Er hat behauptet, er würde für seine WM-Gürtel sterben im Ring. Das wäre gar nicht nötig gewesen. Er hätte einfach die Disziplin und den Mut haben müssen, den Teller wegzuschieben, um sich in eine optimale Ausgangslage zu bringen. Das hat er nicht geschafft.»
Ruiz verspricht, «für einen dritten Kampf wieder besser zu arbeiten». Aber ob den Fight nach diesem miserablen Auftritt noch jemand sehen will?