Es ist das grösste Spiel der gemeinsamen Karriere von Joana Heidrich und Anouk Vergé-Dépré. Der EM-Final. Es geht um die Gold-Medaille, die ein Schweizer Frauen-Duo in der EM-Historie erst einmal gewonnen hat: Simone Kuhn und Nicole Schnyder-Benoit 2004.
Diese Ausgangslage sowie der Fakt, dass Heidrich und Vergé-Dépré in diesem Final-Duell die klaren Favoritinnen sind gegen dieDeutschen Kim Behrens und Cinja Tillmann, erklärt vielleicht ihre Anspannung. Im Gegensatz zum praktisch perfekten Halbfinal-Match unterlaufen denSchweizerinnen ungewohnte Fehler, in der Anfangsphase vor allem im Service. Weil der bei den Nummern 10 der Setzliste perfekt funktioniert, geraten «JoAnouk» unter Druck und handeln sich nach dem 5:5 einen Rückstand ein. Den werden sie nicht mehr los und Behrens/Tillmann verwerten den zweiten Satzball zum 21:18.
Das Abhaken funktioniert bei den Schweizerinnen nicht sofort, nach einem 0:3-Rückstand im zweiten Satz nehmen sie bereits ein Timeout. Die Deutschen nutzen diese Baisse, führen schnell 7:3. Doch danach beissen sich «JoAnouk» so richtig ins Spiel zurück. Einst nicht ihre Stärke, doch da haben sie als Team Fortschritte gemacht.
Spannung pur im Tiebreak
Nach dem 8:8-Ausgleich wendet sich das Blatt, und auch ein Timeout bringt Behrens/Tillmann nicht den Rhythmus zurück. Ein Block zur richtigen Zeit, lange Ballwechsel, die gewonnen werden – bei den Schweizerinnen kehrt das Selbstvertrauen schrittweise zurück. Die Abstimmung verbessert sich, auch bei den schwierigen weil sehr präzisen Service der Gegnerinnen. Die komfortable 17:11-Führung stärkt zudem die Zuversicht sowie den Mut. Mit einem klaren 21:14 verdienen sie sich das Tiebreak.
Das zu einem Krimi wird! Nach einem Rückstand und Timeout sind es wieder Blocks zu den wichtigen Punkten beim 8:8-Ausgleich und zur 10:9-Führung, die die Schweizerinnen im Spiel halten. Und in der engen Schlussphase beweisen sie Nervenstärke, weil sie weder den ersten noch den zweiten Matchball verwerten. Dazwischen wehren «JoAnouk» auch noch einenMatchball der Deutschen ab.
Der dritte Matchball der Schweizerinnen ist der goldene –die erfahrene und sonst sattelfeste Kim Behrens schlägt ins Aus. Tränen derEnttäuschung bei ihr – Freudentränen bei Heidrich und Vergé-Dépré, die ihren historischen Triumph kaum fassen können. «Das ist Wahnsinn und hätte ich so nie erwartet», sagt Heidrich mit dem Pokal in den Händen. Die Exhibition-Turniere der letzten Wochen habe ihnen den nötigen Spielrhythmus gebracht. Ein Podestplatz war ihr Ziel, der oberste ist es geworden. «Ich bin so stolz aufs ganze Team», bringt Heidrich noch raus, bevor sie die Emotionen wieder übermannen.