Einst blickte Clint Capela zu ihm auf: Thabo Sefolosha (34) war der erste Schweizer, der in der NBA Fuss fasste. Jahrelang verfolgte der zehn Jahre jüngere Capela die Karriere seines Vorbilds aus der Ferne. In Genf schaltete er jeden Morgen als erstes den Teletext ein, um zu sehen, wie sich Sefolosha in der besten Liga der Welt geschlagen hatte.
Mittlerweile hat der 24-Jährige sein Vorbild überholt: Bei den Houston Rockets ist der 2,08-m-Center ein Star, im Sommer unterschrieb er einen Riesen-Vertrag. 90 Millionen US-Dollar kann er in den nächsten fünf Jahren inklusive Bonuszahlungen verdienen. Defensivkünstler Sefolosha wird am Ende dieser Saison auf rund 45 Millionen kommen. Nach 13 Jahren harter Arbeit in der NBA.
Neid kennt der Schweizer Basketball-Pionier deswegen nicht. «Ich habe Clint zur Vertragsverlängerung gratuliert», sagt er zu BLICK. «Bei den aktuellen NBA-Verhältnissen dachte ich, er würde mehr bekommen.» Weil der Markt für Center im Sommer nicht mehr hergab, musste sich Capela mit einer zweistelligen Millionensumme begnügen.
«Aber 90 Millionen sind viel Geld, darum darf er zufrieden sein. Ausserdem spielt er für einen Titelkandidaten. Sein Leben ist also gerade ziemlich gut.»
Sefolosha bisher nur Zuschauer
Für Sefolosha, den Mann, der sonst verlässlich wie ein Schweizer Uhrwerk ist, beginnt die Saison dieses Jahr mit Verspätung. Zuerst war er zum Saisonstart fünf Spiele gesperrt. Ein Drogen-Verstoss aus der vergangenen Saison wurde ihm zum Verhängnis.
Und jetzt, wo er nach seiner Marihuana-Sperre endlich auflaufen dürfte, kommt er immer noch nicht zum Einsatz. Die letzten beiden Partien stand er wieder im Aufgebot der Utah Jazz, spielte aber keine Minute.
Ein Grund zur Nervosität? Muss er sich nach der Sperre neu beweisen? «Nicht wirklich», sagt Sefolosha. «Ich spiele seit zwölf Jahren in dieser Liga, meine Trainer und meine Teamkollegen wissen, was sie von mir erwarten können.» Seine Rolle habe sich ein bisschen geändert. «Unser Team ist breiter aufgestellt als letztes Jahr. Ich weiss nicht, wie viel ich genau spielen werde. Aber was auch immer der Coach entscheidet, ich werde mein Defensivspiel und Energie auf den Platz bringen.»
Ausser Rang und Traktanden scheint der Romand jedenfalls nicht gefallen zu sein. «Thabo ist für uns elementar», sagt Jazz-Coach Quin Snyder. «Seine Stimme und seine Führungsqualitäten waren für uns immer wichtig, auch wenn er ausgefallen ist.»
Beide Schweizer in Herausforderer-Rolle
Je länger die Saison dauert, desto wichtiger dürfte Routinier Sefolosha werden. In der Western Conference geht es für alle Teams darum, dem Titelverteidiger Golden State Warriors beizukommen. «Es wird sehr hart, sie zu schlagen», sagt der Schweizer. «Sie sind eines der grössten Teams aller Zeiten.» Mehr noch: «Für manche sind sie sogar das stärkste Team überhaupt in der Geschichte.»
Die besten Chancen, die Warriors zu entthronen, sieht er für Capelas Houston Rockets von Clint Capela.
Doch auch Sefolosha hofft auf eine Aussenseiter-Chance auf den Titel. Dafür macht der 34-Jährige auch im fortgeschrittenen Profi-Alter alles. «Ich muss stärker auf meinen Körper achten», sagt er. «Ich stretche mehr, gehe häufiger in die Massage und achte stärker darauf, was ich esse. Mein Körper fühlt sich im Moment sehr gut an. Ich kann es kaum erwarten, endlich wieder richtige Spiele zu bestreiten.»
Die nächste Chance auf das Saisondebüt kommt in der Nacht auf Samstag, wenn die Jazz die Memphis Grizzlies empfangen.