Die dunkle Seite des Michael Jordan
0:16

Prügel, Rivalitäten, Wetten
Die dunkle Seite des Michael Jordan

Auf dem Court war Michael Jordan die Perfektion in Person. Abseits zeigte er ab und zu seine Schattenseiten.
Publiziert: 11.05.2020 um 13:56 Uhr
|
Aktualisiert: 08.04.2021 um 10:41 Uhr
1/8
Kannte kein Pardon bei schlechten Leistungen: Michael Jordan.
Foto: imago images/Camera 4

Für eine überwältigende Mehrheit ist Michael Jordan (57) der beste Basketballspieler aller Zeiten. Mit seinem Spielstil hat er den Sport revolutioniert, mit seiner Ausstrahlung hat er eine ganze Generation zu Basketball-Fans konvertiert.

Sein Palmares ist prallgefüllt. Als Superstar der Chicago Bulls hat er sechs Meistertitel eingeheimst und eines der überragendsten Teams im Weltsport geformt. Dazu kommen etliche persönliche Rekorde und Auszeichnungen. Das alles hat ihn zum Multimilliardär gemacht.

Blaue Augen und kein Essen

Doch um ganz nach oben zu gelangen, hat Jordan auch vieles geopfert. In den Trainings der Bulls ging es hart auf hart. Jordan, der ehrgeizige Antreiber, kannte kein Pardon. Wer nicht alles gab, den knöpfte er sich vor. Das kriegte Mitspieler Steve Kerr (54) am eigenen Leib zu spüren. Nach einem verbalen Rencontre flogen die Fäuste – mit dem schlechteren Ende für den Point Guard: Kerr kam wortwörtlich mit einem blauen Auge davon.

Später sagt er gegenüber «TNT»: «Das hat unserer Beziehung geholfen. Die Trainings waren wirklich intensiv. Sie waren ein wichtiger Bestandteil der Bulls und Michael hat dort den Standard für unser Spiel gesetzt.» Dem pflichtet Ex-Teamkamerad Will Perdue (54) bei: «Die Trainings waren immer so hart umkämpft.» Auch er sei von Jordan geschlagen worden, «das war ein Kampf von vielen», so Perdue zu «CBS Sports».

Eine andere Anekdote unterstreicht, wie sehr die legendäre Nummer 23 auf Spitzenleistungen von sich, aber auch seiner Mannschaftskollegen pochte. Nach einer schwachen Darbietung von Center Horace Grant (54) verwehrte ihm Jordan das Abendessen. Der Journalist Sam Smith erinnert sich gegenüber «KNBR» an Aussagen von Mitspielern: «Michael hat den Flugbegleitern gesagt: ‹Gebt ihm nichts zu essen, er hat es sich nicht verdient.›»

Eine giftige Rivalität

Vor dem Ruhm mussten die Bulls mächtig leiden. Jordan und Co zogen gegen die Detroit Pistons Jahr für Jahr den Kürzeren. Die Pistons, damals aufgrund ihrer aggressiven Spielweise «Bad Boys» genannt, dominierten die Liga. Angeführt von Isiah Thomas (59) gewannen sie 1989 und 1990 den Titel. Um den besten Spieler der Welt in Schach zu halten, entwickelten sie die «Jordan-Regeln», eine Defensiv-Strategie, mit der Jordan tyrannisiert wurde. Alles am Rande der Legalität.

Die schmerzhaften Niederlagen gegen die Pistons waren die Grundlage für Jordans unbändigen Ehrgeiz.

In den Playoff-Halbfinals 1991 finden die Bulls die richtige Antwort, fegen Detroit mit 4:0 aus dem Titelkampf. Der grosse Eklat ereignet sich danach, als die Spieler der Pistons ohne Handschlag in die Kabinen schlichen. Viele, darunter auch Michael Jordan, ärgern sich noch heute über diese Unsportlichkeit, nennt Thomas in der Dokumentarshow «The Last Dance» «ein Arschloch».

Als Thomas 1992 nicht für die Olympische Auswahl der USA nominiert wird, sind sich Experten sicher, dass Jordan dahintersteckt. Thomas war zu jener Zeit einer der besten Basketballer der Welt – und trotzdem schafft er es nicht ins US-Team? Noch heute kanns Thomas kaum fassen: «Ich weiss nicht, was in diesen Auswahl-Prozess eingeflossen ist», sag er in «The Last Dance», «ich erfüllte die Kriterien für die Auswahl, aber ich war es nicht.»

Süchtig nach Glücksspielen?

Ob im Casino, beim Golfen oder im Teamhotel der Bulls – Jordan liebte es, um Geld zu spielen. Und dabei handelte es sich jeweils um stattliche Beträge. Im Mai 1993 veröffentlichte Richard Esquinas, einer von Jordans Golfpartnern, ein Buch mit dem Titel «Michael und ich: unsere Spielsucht, mein Hilfeschrei». Dort behauptet er, dass ihm Jordan knapp eineinhalb Millionen Franken in Golfwetten schuldete. Jordan bestritt die Anschuldigungen stets, zahlte Esquinas letztlich umgerechnet rund 400’000 Franken.

Der berühmteste Vorfall in Jordans Wett-Eskapaden fand während der Eastern Conference Finals im Jahr 1993 statt. Am Abend vor dem 2. Spiel gegen die New York Knicks will sich Jordan im Glücksspiel-Paradies Atlantic City den Kopf durchlüften. Er beschreibt seinen Trip so: «Wir nahmen eine Limousine, spielten für ein paar Stunden und kamen wieder nach Hause. Alle drehten durch, dabei war es überhaupt nicht spät. Wir waren um 00.30 Uhr oder 1 Uhr zurück.»

Augenzeugen berichteten gegenüber der «New York Times» allerdings, dass sie Jordan noch um 2.30 Uhr im Casino gesichtet hätten. Zu allem Überfluss verloren die Bulls das Spiel am Tag darauf, mit einer schwachen Leistung von Jordan höchstpersönlich. (sag)

Fehler gefunden? Jetzt melden

Was sagst du dazu?