Wer Clint Capela in Houston besucht und den Schweizer nach einem Restaurant-Tipp fragt, muss nicht lange auf eine entschiedene Antwort warten. «Mastro’s», rät der Rockets-Center, «da gibts gute Steaks. Und die sind richtig gross.»
Richtig gross, das sind in Houston viele Dinge. Die Gebäude, die Freeways, die Autos. Die Portionen im Restaurant. «Ich werde nie vergessen, wie ich hier das erste Mal in einem Steakhouse essen war», erzählt Capela der «Player’s Tribune». «Ich dachte, ich wüsste, was ein Steak ist. Ein Stück Fleisch, dazu ein paar Pommes frites. Prima. Aber in Texas ist ein Steak etwas anders.
Die haben mir einen Teller hingestellt, wobei, den Teller hat man praktisch nicht mehr gesehen. Das Einzige, was ich gesehen habe, war dieses grosse, grosse Stück Fleisch.» Capela schaute sich um. Liegt hier ein Missverständnis vor? «Ich dachte erst, der Kellner spielt mir einen Streich. Es sah aus, als hätten die mir das ganze Tier serviert.» Die Kollegen versicherten dem Genfer, dass alles mit rechten Dingen zugehe. Seither weiss auch Capela: «In Texas ist das ein Steak.»
«Hier in Texas ist alles grösser»
Das Klischee sei wahr, sagt er: «Hier in Texas ist alles grösser.» Gross herausgekommen ist der 2,08-Meter-Mann Capela im «Lone Star State» bereits. Für den Schweizer darf es aber gerne noch ein bisschen mehr sein. «Ich bin noch nicht angekommen», sagt der 24-Jährige vergangenen Frühling zu SonntagsBlick. «Das werde ich erst sein, wenn ich eine lange NBA-Karriere hinter mir habe.»
Diesen Sommer unterschrieb der Schweizer einen Vertrag, der ihm in den nächsten fünf Jahren 90 Millionen US-Dollar einbringen kann. Macht im Durchschnitt 18 Millionen pro Jahr, so viel hat noch nie ein Schweizer Teamsportler kassiert, nicht einmal ansatzweise.
Üppiger Lohn fordert aber auch starke Leistung. Der Genfer, in armen Verhältnissen aufgewachsen, weiss, dass er nach vielversprechendem Karrierestart noch besser werden muss, will er den Monster-Kontrakt rechtfertigen.
Das Repertoire muss grösser werden
So tüftelte er etwa in den letzten Monaten an seinem Wurf aus der Mitteldistanz. Denn Capela mag letzte Saison die beste Trefferquote der gesamten Liga aufgewiesen haben. Das hängt allerdings auch damit zusammen, dass er vor allem aus kurzer Distanz abschloss. Will er unberechenbarer werden, braucht er ein grösseres Repertoire. Und so sieht man Capela vor den Spielen derzeit noch etwas ungelenk aus rund fünf Metern auf den Korb werfen.
Kann er neben einem Haufen Rebounds, eisenharter Defensive und spektakulären Dunks nämlich künftig auch mit einem Sprungwurf aus der Halbdistanz aufwarten, dürfte ihm die Nominierung fürs Allstar-Game sicher sein. Dazu reichte es in der vergangenen Saison noch nicht – trotz durchschnittlich mehr als 13 Punkten und 11 Rebounds pro Spiel. «Das stinkt mir», sagt er «The Athletic». «Ich habe definitiv das Gefühl, dass ich es verdient gehabt hätte.
Aber ich habe mich darüber nicht beklagt. Es geht um Konstanz. Wenn ich so weitermache, so weiterarbeite, werde ich diese Saison definitiv ein Allstar sein.»
Einen Teil seines neuen Lohnes setzt er übrigens dafür ein, dass er nicht mehr so oft ins Steakhouse gehen muss. Er leistet sich in seinem neuen Haus einen Privatkoch. Die Portionen aber dürften vorderhand üppig bleiben – seine Wucht darf der Genfer nicht verlieren.