NBA-Star Capela kommt nach Zürich
«Ich will unbedingt junge Deutschschweizer trainieren»

Nach sieben Jahren in Houston musste Clint Capela in Atlanta neu anfangen. Doch jetzt steht der Genfer NBA-Star mit den Hawks in der zweiten Playoff-Runde. Der grosse Rück- und Ausblick mit Capela.
Publiziert: 05.06.2021 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 05.06.2021 um 17:48 Uhr
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Ein Genfer erobert die USA: Clint Capela ist längst in der Basketball-Königsklasse etabliert.
Foto: Keystone
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Grégory Beaud

Es war ein Jahr wie noch nie. Was für die ganze Weltbevölkerung gilt, gilt speziell für Clint Capela (27). Im Februar 2020 ist der Genfer NBA-Star nach Atlanta transferiert worden und musste Houston deshalb nach sieben Jahren verlassen.

Nach dem Schock dieses Zwangsumzugs kam die Pandemie. Capela war gezwungen, zwölf Monate lang von seiner Familie getrennt zu leben, da das Reisen zwischen der Schweiz und den USA kompliziert war. Ein Jahr als Test für seine Charakterstärke.

Aus sportlicher Sicht hat der NBA-Star am rasanten Wiederaufbau der Hawks mitgewirkt, die in der vergangenen Saison zu den schlechtesten Teams der Liga gehörten. Die Franchise ist nun für die zweite Runde der Playoffs qualifiziert, nachdem sie die New York Knicks in einer spannenden ersten Runde mit 4:1 besiegt hat.

Am Sonntagabend (19 Uhr Schweizer Zeit) trifft Atlanta auf Philadelphia, das beste Team der Eastern Conference. Vor der nächsten Playoff-Runde hat Capela mit Blick geredet. Über…

… eine Saison mitten in der Pandemie

Es war keine einfache Situation im Vergleich zu dem, was wir gewohnt waren. Jeden Morgen gab es eine 30-minütige Testphase. Jeder musste da durch. Wenn wir reisten, mussten wir in unserem Hotelzimmer bleiben. Normalerweise spaziere ich gerne herum, aber das war nicht möglich. Wir wussten, dass es nur vorübergehend sein würde, also war es trotzdem okay. Eine persönliche Anmerkung: Ich habe meine Familie seit einem Jahr nicht mehr gesehen. Mein Bruder hat endlich die Erlaubnis erhalten, in die USA zu reisen. Ich freue mich darauf, ihn in Atlanta begrüssen zu dürfen. Aber bis jetzt war ich ziemlich auf mich allein gestellt.

… der Zwangsumzug und der Teamwechsel

Während der letzten Saison wurde ich von Houston nach Atlanta getradet. Abgesehen von der Pandemie war der Wechsel selbst schon kompliziert genug. Ich hatte sieben Jahre in Houston verbracht. Ich hatte so viel Zeug da (lacht). Ich musste alles umstellen. Ich musste mich wieder zusammen nehmen. Und ich spreche nicht vom Materiellen, sondern vom Menschlichen. Ich musste eine neue Balance finden. Atlanta ist nicht Houston... Ich habe so viel Zeit in Houston verbracht, dass es mein Zuhause wurde. Aber ich fange langsam an, mich zurechtzufinden, dank der Wiedereröffnung der Restaurants. Ansonsten kenne ich ein paar Parks in der Nähe meines Hauses, in denen ich gerne spazieren gehe. So ist wieder etwas Kontakt zu den Fans möglich. Das ist von unschätzbarem Wert, besonders weil wir fast die ganze Saison nicht vor Fans spielen konnten.

Auch sportlich war es eine schöne Herausforderung. Am Anfang war ich vor allem geschockt, Houston verlassen zu müssen. Nicht aus sportlicher Sicht. Denn ich wusste, dass der Neuaufbau des Teams Atlanta eine grosse Chance für mich sein würde. Aber auf menschlicher Ebene war es schwer, von einem Tag auf den anderen alles zu ändern. Doch bei den Hawks haben wir mit Bogdan Bogdanovic (Serbe, d.Red.) und Danilo Gallinari (Italiener) einen Kern aus europäischen Spielern. Ich denke, wir sind Teil des Gleichgewichts dieses Teams.

…seine neue Rolle in der Kabine

Als ich nach Atlanta kam, wusste ich, dass ich ein Teamleader werden muss. Auch ich musste diese neue Rolle erst lernen. Bin ich lautstarker als früher in Houston, als ich quasi noch ein Kind war? Vielleicht, ja. Aber gleichzeitig schätze ich es, dass die jungen Leute auch lernen können. Sie machen ihre Fehler und finden selbständig Lösungen. Ich habe von einer neuen Balance gesprochen. Auch das ist ein Gleichgewicht, das hier zu finden ist. Ich versuche, nicht zu viel zu tun und die Balance zwischen zu präsent und zu passiv zu finden.

…die Rolle als einer der besten NBA-Abwehrspieler

Wenn ich mein Spiel in dieser Saison analysieren muss, bin ich ziemlich zufrieden. Ich habe meinen Job gemacht, indem ich sowohl defensiv als auch offensiv dominiert habe. Ich habe die Rebounds. Aber um zum besten Verteidiger der Saison gewählt zu werden, ist es immer noch kompliziert. Bei Utah ist Rudy Gobert sehr, sehr stark und sein Team hat mehr Spiele gewonnen als wir. Mein Ziel ist es, ein Top-10-Spieler in der Liga zu sein.

…über die laufenden Playoffs

Ich bin zufrieden mit der Art und Weise, wie wir die Serie gegen New York dominiert haben. Es war ziemlich hitzig. Es gibt eine Rivalität zwischen meinem Teamkollegen Trae Young und den gegnerischen Fans. Er wurde ausgebuht. Es hat wirklich Spass gemacht, auf dem Platz zu stehen. Und als wir gewonnen haben, hat er sich verbeugt wie am Ende einer Broadway-Show.

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Jetzt in der nächsten Runde könnte meine Präsenz als Routinier wichtig sein. Ich habe mit Houston schon ein paar Playoff-Serien gewonnen. Es ist entscheidend, dass man weitermachen kann. Wir hatten einen Tag frei, um uns zu erholen. Es ist wichtig, sich diese Zeit zu nehmen, um zu geniessen, wie weit wir gekommen sind. Jedes Mal, wenn wir in den Play-offs sind, muss man sich bewusst sein, dass es das letzte Mal sein könnte. Ich habe versucht, das den jüngeren Spielern zu erklären. Philadelphia wird anders sein als New York. Sie waren das beste Team in unserer Conference. Wir müssen unser Spiel verstärken. Ich werde gegen Joel Embiid antreten, mit dem ich manchmal online Fifa spiele. Aber während der Playoffs gibt es keine Freundschaft mehr.

…seine Camps in Genf und Zürich

Nach 2019 freue ich mich darauf, die zweite Auflage meines Jugendcamps zu organisieren. Sie finden in Genf (19. bis 23. Juli und 26. bis 30. Juli, d.Red.) und zum ersten Mal auch in Zürich (2. bis 6. August, Anm. d.Red.) statt. Es ist sehr wichtig für mich, mit den jungen Leuten aus meiner Stadt zu sprechen. Aber ich möchte wirklich meine Botschaft vermitteln und meine Erfahrungen mit so vielen Menschen wie möglich teilen. Neben Genf ist Zürich die zweite grosse Stadt in der Schweiz, ich wollte unbedingt junge Deutschschweizer trainieren.

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