Vor drei Jahren kniete Colin Kaepernick aus Protest hin
Trump zerstörte die NFL-Karriere von «Hurensohn» Kaepernick

Colin Kaepernick (31) ist vor gut drei Jahren aus Protest hingekniet. Der American-Football-Spieler ist seit jener Saison vertragslos. Wie US-Präsident Donald Trump seine NFL-Karriere zerstört hat.
Publiziert: 29.08.2019 um 10:20 Uhr
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Aktualisiert: 01.05.2020 um 07:55 Uhr
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American-Football-Quarterback Colin Kaepernick ist seit Frühling 2017 vertragslos.
Foto: AP
Nicola Imfeld aus San Diego (USA)

Levi's Stadium, San Francisco, 26. August 2016: Die Nationalhymne der USA ertönt. Zuschauer, Spieler und Trainer – alle stehen sie da, mit breiter Brust, die rechte Hand auf dem Herzen, den Blick auf die US-Flagge gerichtet. Nur einer bleibt sitzen: Colin Kaepernick. Regungslos. Ohne eine Miene zu verziehen.

Drei Jahre sind seit dieser Protestaktion vergangen. Der damalige Quarterback des American-Football-Teams aus San Francisco ist seit Frühling 2017 vertragslos. Mit seinem stillen Protest von damals hat er eine lärmige Diskussion ausgelöst, die bis heute nachhallt. Gleichzeitig war jener Tag auch der Anfang vom Ende einer erfolgversprechenden Karriere.

Protest wegen Polizeigewalt gegen Schwarze

Colin Kaepernick spricht heute kaum noch öffentlich über die Monate im Herbst 2016, die sein Leben für immer verändert haben.

Zuerst sitzend, bald einmal kniend, protestiert er über Wochen wegen der Polizeigewalt gegen Schwarze. Zu jenem Zeitpunkt werden die USA beinahe im Wochentakt von entsprechenden Meldungen erschüttert: Einmal erschiesst ein weisser Polizist ein unbewaffnetes schwarzes Kind. Ein anderes Mal würgt ein weisser Beamte einen Afroamerikaner zu Tode, der an einer Strassenecke Zigaretten verkaufen wollte.

Kaepernick, damals eines der grössten Football-Talente des Landes, will mit dem Hinknien während der Nationalhymne ein symbolisches Zeichen setzen. Eine Geste gegen Rassismus. Doch es kommt anders.

NFL-Stars protestieren gegen Trump
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Spieler knien während Nationalhymne:NFL-Stars protestieren gegen Trump

Die USA befinden sich zu jener Zeit mitten im Präsidentschaftswahlkampf. Donald Trump feuert täglich aus allen Rohren. Und der künftige Präsident weiss auch den Kaepernick-Protest geschickt für sich zu nutzen. Anstatt über die Polizeigewalt gegen Schwarze zu sprechen, macht er die Diskussion zu einer Grundsatzdebatte über amerikanische Werte:

Beleidigt Kaepernick mit dem Hinknien während der Nationalhymne die amerikanische Flagge? Beschmutzt er damit das Andenken der gefallenen US-Soldaten?

«Schafft diesen Hurensohn vom Feld, sofort!»

Trump macht Kaepernick quasi über Nacht zu einem Landesverräter. Der heutige Präsident der Vereinigten Staaten sagt Dinge wie: «Schafft diesen Hurensohn vom Feld, sofort!»

Währenddessen spielt der gescholtene Quarterback mit seinen San Francisco 49ers eine furchtbare Saison. Am Ende schmeisst er entnervt hin, will sich im Frühling 2017 einen neuen Verein suchen. Doch soweit kommt es nie.

Beinahe täglich twittert Trump in diesen Tagen – mittlerweile aus dem Weissen Haus – über Kaepernick. Gleichzeitig verbreiten ehemalige Fans Aufnahmen in sozialen Netzwerken, die sie beim Verbrennen eines Kaepernick-Trikots zeigen.

Auch wenn der Quarterback von Afroamerikanern und Linksliberalen viel Zuspruch erhält: Kein NFL-Besitzer scheint Lust darauf zu haben, sich mit der Hälfte der Anhängern anzulegen. Und schon gar nicht mit dem mächtigsten Mann des Landes.

Das einstige Super-Talent landet auf dem Abstellgleis. Kaepernick bleibt die folgende Saison ohne Team. Auch in der vergangenen Spielzeit kehrt er nicht in die Stadien zurück.

Klage gegen NFL

Der heute 31-Jährige hat genug, reicht eine Klage gegen die NFL ein. Kaepernick wirft der Liga und den Klub-Besitzern vor, sich untereinander abgesprochen zu haben. Er vermutet eine Verschwörung – und hat wohl recht.

Im Februar 2019 kommt es zur aussergerichtlichen Einigung. Experten sind sich einig: Die NFL wäre vor Gericht erschienen, hätten sie Kaepernicks Vorwürfe widerlegen können.

Kommt es dank Trump zum Mega-Comeback?

Nun startet am Donnerstag in einer Woche wieder eine neue American-Football-Saison. Erneut ohne Colin Kaepernick. Und dies obwohl Teams wie die Indianapolis Colts, deren Quarterback kurz vor Saisonstart zurückgetreten ist, auf verzweifelter Suche nach einem Spieler mit den Fähigkeiten eines Colin Kaepernick sind.

Er selbst scheint es mittlerweile mit Humor zu nehmen. Auf Twitter teilte er unlängst ein Video, dass ihn im Fitnesstudio zeigt. Dazu schreibt er: «5 Uhr morgens. 5 Mal die Woche. Seit 3 Jahren. Immer noch bereit.»

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In den vergangenen Tagen spekulierten US-Medien mal wieder über ein Comeback. Die Gerüchte angeheizt hat ausgerechnet Donald Trump.

Der US-Präsident sprach sich Anfang August öffentlich für eine Rückkehr von Kaepernick aus. Jedoch unter der Bedingung, dass sein Comeback auf klaren Leistungsgründen basieren müsste. Plagt den Präsidenten etwa das schlechte Gewissen?

Klar ist: Wenn Donald Trump ruft, hören die einflussreichen NFL-Besitzer mit beiden Ohren hin. Aber ein kniender Colin Kaepernick wird für die profitorientierte American-Football-Liga für immer ein No-Go bleiben. Und deshalb wird es auch nie ein Comeback von Colin Kaepernick geben.

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