In der Welt des abgebrühten Profisports gibt es ab und zu Cinderella-Storys, die keinen kalt lassen. Während des NFL-Drafts am letzten Wochenende schreibt ein deutscher Footballspieler Geschichte: Er wird als erster Spieler direkt aus Deutschland in die NFL berufen. Dass es Football überhaupt gibt, erfährt er auf Youtube.
Rückblende: Moritz Böhringer (22) aus Stuttgart mag Football. Das weiss er, seit er bei Youtube ein Video von Adrian Peterson entdeckt, einem Starspieler der Minnesota Vikings. Damals ist er 17 Jahre alt. Dann geht er auf den Platz. Und jeder merkt sofort: Der Junge hat Talent.
Er spielt für die Schwäbisch Hall Unicorns und pulverisiert Rekorde. Aber reicht das für die NFL, die traditionsgemäss auf Eigengewächse setzt, die den herkömmlichen Weg über den High-School- und College-Football gehen? Die Talentspäher der NFL sind beeindruckt – aber nicht wegen seinen Rekorden. Was Böhringer aussergewöhnlich macht, sind seine athletischen Vorzüge.
Böhringer ist 193 cm gross und wiegt 103 kg. Vor den Augen der Talentspäher beweist er Explosivität, Sprung- und Rohkraft und meistert den traditionellen Prüfstein 40-Yard-Sprint (36,5 Meter) in 4,43 Sekunden. Damit hätte er bei der jährlichen Talentschau der Nordamerikaner zu den besten gehört.
Statistiken und Athletik allein reichen aber nicht mal bei US-College-Boys unbedingt für einen Platz in der NFL – wie also soll es ein Deutscher schaffen, der noch nie in Nordamerika auf einem Platz stand? Böhringer braucht Hilfe von oben.
Die kommt in der Person von NFL-Analyst Mike Mayock. Und damit beginnt die Cinderella-Story. Während des NFL-Drafts am letzten Sonntag fühlen die NFL-Analysten Böhringer auf den Zahn. Auf die Frage, für welches Team er denn gerne spielen würde, antwortet Böhringer: «Die Minnesota Vikings.»
Ein paar Minuten später fordert Mayock die Vikings live am TV auf, Böhringer eine Chance zu geben. Mayock wendet sich dabei direkt an die Vikings und seinen Freund und Headcoach Mike Zimmer. Und tatsächlich: Minnesota reagiert und draftet Böhringer in der 6. Runde als Nummer 180.
Ob die Vikings Böhringer auch ohne Hilfe von oben eine Chance gegeben hätten? Sagen will das keiner. Geschadet hat es aber bestimmt nicht. Böhringer ist es egal – seine nächste Reise geht ans Mini-Camp der Vikings im Mai.