Style-Kolumne
Brooke Shields, Göttin der Jugend

Brooke Shields war die einzige Style-Ikone für unsere Autorin Wäis Kiani. Eine «Laudatio» zum 50. Geburtstag.
Publiziert: 07.06.2015 um 00:03 Uhr
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Aktualisiert: 30.09.2018 um 19:46 Uhr
Wäis Kiani

Brooke Shields hatte letzte Woche Geburtstag. Meine «Childhood»- und erste und einzige Stil-Ikone wurde fünfzig. Man stelle sich vor: fünf-zig! Eben waren wir beide noch Teenager, und das grosse Poster mit ihrem perfekten Gesicht, den dunkelblauen Augen und den langen gewellten Haaren klebte an meiner Kinderzimmerwand – damit mir jeden Morgen sofort klar wurde, was die Messlatte war.

Brookes Niveau zu erreichen, war schon unmöglich genug, aber meine Mutter machte alles noch schwieriger: indem sie dagegen arbeitete und sich über meinen Spleen aufregte, mit

nassen Flechtzöpfen zu schlafen, um am nächsten Tag mit einer wuchtigen Brooke-Shields-Mähne zur Schule zu gehen. Leider las sie heimlich meine «Bravo» – zur Sicherheit, nicht aus Interesse! – und fand es bedenklich, dass ich mich mit einer frühreifen Nymphe identifizierte, die durch ihre Hauptrolle als Kindsnutte in «Pretty Baby» weltberühmt geworden war.

Aber das Bordell-Ding interessierte mich nicht, für mich war Brooke sexlos unschuldig, so wie ich – und genau das, was man als Teenager Ende der Siebziger sein wollte.

Bis heute meine einzige Göttin

Ich war und bin kein Mensch mit vielen Idolen, wie alle in meinem Bekanntenkreis, die Kate Moss vergöttern, glauben auszusehen wie Audrey Hepburn oder den ekligen Junkie Jonny Depp als Inkarnation von Coolness sehen. Ich entdeckte Brooke 1976, und sie blieb bis heute meine einzige Göttin, auch wenn sie früh von ihrem Thron fiel und keine Vorlage mehr fürs Älterwerden bot.

Als sich die Welt über den Spruch der fünfzehnjährigen Brooke «Nichts kommt zwischen mich und meine Calvin» aufregte, wollte ich nur eins: eine Calvin-Klein-Jeans, aber schnell! Auch ihr nächster Film «Blaue Lagune» schrieb keine Filmgeschichte, sondern funktionierte nur durch Brookes perfekter Nacktheit, zusammen mit dem schönsten Gesicht der Welt.

Leider wurde sie viel zu schnell erwachsen, und aus der Lolita-Beauty wurde kein Superstar. Sie erlitt das Schicksal vieler Ex-Kinderstars – und wurde eine erfolglose Schauspielerin.

Gechillt 50 werden

Aber auch ich bin ein treuloser Fan, als sie mit Michael Jackson rumhing oder Andre Agassi heiratete, interessierte sie mich schon lange nicht mehr. Und jetzt sind wir beide gleichzeitig jenseits der Lebensmitte im letzten Drittel des Daseins. Nur ich bin jetzt neu im Midlife-Crisis-Alter, in dem plötzlich alles, was vorher glänzte und Spass machte, nicht mehr funktioniert.

Und man sich neu definieren und sein Leben anders gestalten muss, habe also noch einiges vor mir, aber

Brooke kennt das ja schon und hat das Beste hinter sich. So hat alles auch wieder sein Gutes. Wer mit

25 seine erste grosse Krise hat, der kann gechillt 50 werden. Brookes Nacktheit war perfekt, darüber hinaus hatte sie das schönste Gesicht der Welt.

*Wäis Kiani, Schriftstellerin und Stil-Liebhaberin, schreibt jeden Sonntag über ihre Beobachtungen im Alltag.

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