Kritisierte kritisieren praktisch immer zurück. Ihr Ego hält es nicht aus, einen Fehler gemacht zu haben, geschweige denn, diesen zuzugeben. Das kennen wir aus dem Strassenverkehr sowie unseren privaten und beruflichen Beziehungen, die von Machtkämpfen geprägt sind und hauptsächlich mit dem Begriffspaar «Ja, aber» operieren. Nur selten sagt ein Mensch zum anderen: «Du hast recht, es tut mir leid.» Der Stolz lässt solche Worte kaum zu.
Von einem Raucher sind sie erst recht nicht zu erwarten. Denn erstens nimmt er offensichtlich auf sich selbst schon keinerlei Rücksicht, und zweitens lebt er im festen Glauben, dass Rauchen ein Grundrecht sei. Entsprechend beleidigt reagiert er auf jegliche Einschränkung. Von «Diskriminierung» ist dann gern die Rede, in kompletter Missachtung der Tatsache, dass er seine Umwelt drangsaliert – und nicht etwa umgekehrt. Wenn man allerdings bedenkt, dass Rauchen etwas ist, womit man in der Pubertät beginnt, verwundert diese bizarre Logik nicht weiter.
Ihre Versuche, die Nachbarn zu einer Einsicht oder gar einer Änderung ihres Verhaltens zu bewegen (dazwischen liegt bekanntlich ein langer, steiler Weg), waren aus den genannten Gründen von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wehren Sie sich mit den Mitteln, die Ihnen zur Verfügung stehen: Wenden Sie sich an Ihre Verwaltung und den Mieterverband, bei dem Sie hoffentlich sowieso Mitglied sind, und lassen Sie abklären, ob für Ihre Nachbarn ein Rauchverbot auf dem Balkon erwirkt werden kann. Offenbar ist die architektonische Gegebenheit ausgesprochen ungünstig, und das darf Ihnen nicht zum Nachteil gereichen. Vermutlich rauchen Ihre Nachbarn bald nur noch in der Wohnung. Wo sie dann kindische Racheaktionen gegen Sie aushecken.
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