Radikales Umdenken in der Energiepolitik
SVP rechnet mit neuer AKW-Abstimmung

Ein radikales Umdenken in der Energiepolitik fordert ein Positionspapier der SVP – neue Atomkraftwerke inklusive.
Publiziert: 31.10.2021 um 01:26 Uhr
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Aktualisiert: 31.10.2021 um 09:08 Uhr
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Kein AKW wie jenes in Gösgen schwebt der SVP vor, sondern moderne Kraftwerke der neusten Generation.
Foto: Keystone
Simon Marti

Läuft alles schief, drohen der Schweiz im Winter Stromausfälle – und zwar bereits ab 2025. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Energiedepartements von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (61, SP). Die SVP, stets auf Gegenkurs zu Sommaruga, hat offenbar nur auf diesen Steilpass gewartet.

Schon länger arbeitet die Rechtspartei auf eine Kehrtwende in der Energie- und Umweltpolitik hin. Während Klimademos durch die Städte zogen, Grüne und GLP Wahl um Wahl gewannen und sogar der Freisinn zeitweise ergrünte, wurde diese Strategie eher amüsiert zur Kenntnis genommen. Gegen den Zeitgeist findet auch eine SVP keine Mehrheit, waren viele überzeugt.

Seit jedoch ebendiese SVP das CO2-Gesetz quasi im Alleingang abgeschossen hat, sind die Lacher verstummt. Nun will die Partei Ende November ein Positionspapier zur Energiepolitik präsentieren, das nichts weniger verlangt als einen radikalen Kurswechsel bei der «gescheiterten Energiestrategie des Bundes». Ein erster Entwurf liegt SonntagsBlick vor.

Die SVP rechnet vor

Die Stossrichtung des Papiers lässt sich in drei Punkten zusammenfassen: Aufhebung des Baustopps für Kernkraftwerke der neusten Generation, staatlich forcierter Bau von Gaskraftwerken, aber auch ein Ausbau von Fotovoltaik und Wasserkraft – wobei der vermehrten Nutzung erneuerbarer Energien enge Grenzen gesetzt seien, wie der Solothurner SVP-Nationalrat Christian Imark (39) betont: «Frau Sommaruga tanzt nach der Pfeife der Strombarone, wenn sie deren Mantra verbreitet, man könne die Fotovoltaik-Anlagen in der Schweiz einfach beliebig ausbauen.» Zu lange habe solches Wunschdenken die Energiepolitik geprägt. «Dieses Denken hat uns dahin geführt, wo wir jetzt sind: Der Strom wird knapp im Land, und das ist gefährlich!»

Dass die Stimmbürger der Kernenergie erst vor vier Jahren mit Annahme der Energiestrategie 2050 den Rücken kehrten, rührt Imark nicht: «Das Volk hat unter falschen Annahmen ein Technologieverbot akzeptiert. Heute würden viele anders entscheiden.» Imark, der bereits die siegreiche Kampagne gegen das CO2-Gesetz anführte, rechnet «mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit» mit einer erneuten Abstimmung: «Gelingt im Parlament eine Gesetzesänderung, folgt das Referendum. Aber wir haben gezeigt, dass wir gewinnen können.»

Dabei trägt seine Partei den schrittweisen Ausstieg aus fossilen Energieträgern mit. Allerdings müsse die Versorgungssicherheit jederzeit garantiert sein.

Die SVP rechnet vor, dass die Energiestrategie des Bundes mittelfristig den Ersatz einer Strommenge von jährlich 40 bis 50 Terawattstunden nötig machte. Dabei verbrauchte die Schweiz 2020 insgesamt 55,7 Terawattstunden. Diese gewaltige Lücke, so Imark, sei ohne Kernkraft nicht zu schliessen. Und auch nicht ohne den Einsatz von Gaskraftwerken.

Linke halten an Energiestrategie fest

Die Linken sollten der Bevölkerung nun erklären, «warum es mit der ach so sauberen Energiestrategie nun Gaskraftwerke benötigt, während Herr und Frau Schweizer beim CO2-Ausstoss weiter zur Kasse gebeten werden», sagt der SVPler.

Die Angegriffenen halten eisern an ihrer Energiestrategie fest. Zwar bedeute die Stromlücke eine Herausforderung, räumt SP-Nationalrat und Fraktionschef Roger Nordmann (48) ein. «Doch die Energiestrategie ist nachhaltig zu schaffen und die Fotovoltaik ist der Schlüssel dazu. Aber nur unter einer Bedingung: Wir müssen jetzt damit anfangen!»

Dass neue Atomkraftwerke entstehen, schliesst Nordmann aus. Selbst wenn das Volk den Baustopp kippen sollte, würde es Jahrzehnte dauern, bis Geld und Standorte gefunden wären.

Nordmann: «Kein Kenner der Energiebranche rechnet noch mit der Atomkraft.»

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