Krimikolumne
Gut, ist das bald vorbei

Autorin Silvia Tschui hat sich die viertletzte Luzerner «Tatort»- Folge angetan – damit Sie es nicht müssen.
Publiziert: 05.08.2018 um 10:15 Uhr
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Aktualisiert: 21.10.2022 um 14:17 Uhr
Der Schweizer «Tatort» mit Reto Flückiger (Stefan Gubser) und Liz Ritschard (Delia Mayer) wurde ohne Schnitt gedreht – was ihn zu einer Art Theateraufführung macht.
Foto: SRF Media Relations
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Silvia TschuiGesellschafts-Redaktorin

Machen wir etwas Spezielles, hat sich wohl Regisseur Dani Levy zum letzten Ritschard/Flückiger-«Tatort» gedacht – ein Meisterstück! In einer einzigen Kamerafahrt! Ohne Schnitt! Stellt sich die Frage: ­Warum nur? Um zu ­beweisen, dass Filmschule-Experimente oft gnadenlos misslingen?

Auch das Thema will Grosses. Ein Stück Aufarbeitung verdrängter Schweizer Geschichte: Kriminelle Schlepperbanden sind nicht nur heute traurige Aktualität, auch im Zweiten Weltkrieg gab es viele ­Menschen, die Deutschland ­­dringend ver­lassen mussten – und Menschen, die ihnen dabei ­«halfen». Gegen Entgelt. Vor ­diesem Hintergrund spielt der ­«Tatort» im Luzerner KKL. Ein ­jüdisches ­Orchester, ­eingeladen von einem schwer­reichen ­Schweizer Industriellen, gibt ein Benefizkonzert. Alles, was Rang und ­Namen hat, kommt.

Zu Gast sind auch die Ex-Frau, die junge schwangere Geliebte sowie der unerträglich nervig gespielte missratene Sohn des Patriarchen. Bald tun sich Brüche auf – auch in der Logik. Oder haben Sie schon einmal eine gutbürgerliche Schwangere gesehen, die wie ein Tanklaster Champagner schluckt, ohne dass jemand mit der Wimper zucken würde?

Fast hätte das ganze Ding noch gerettet werden können, fast hätte man alles verziehen. Als nämlich die «gute Gesellschaft» geschlossen einem Massenmörder applaudiert – im vollen Wissen darum, was er ­getan hat. Da trifft die ansonsten grandios missglückte Folge eine ­unangenehme Wahrheit. Hätten sie doch da aufgehört. Aber nein, dann muss sich zum Schluss nochmals der blöde Sohn an uns Zuschauer wenden. Bin ich froh, ist das alles vorbei.

Tatort: «Die Musik stirbt zuletzt», SRF 1, 20.05

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