Letzte Woche fuhr ich mit dem Bus von München zurück nach Zürich. Zu meiner Verwunderung mussten wir am Zoll im Gegensatz zu früher fast vierzig Minuten warten, bis sie erst uns und dann den gesamten Laderaum und das Gepäck durchsucht hatten. Sie suchten nicht nach Drogen oder Wurstwaren, sondern nach Bomben und Sprengstoff. Mir war das insofern egal, als ich kein Gepäck hatte, und in meinem Weekender schmuggelte ich nur etwas Brot und einen Christstollen. Aber dafür interessierte sich niemand.
In Deutschland hatte ich mich noch über die Angst-Schlagzeilen aufgeregt und auf Facebook verkündet, dass wir alle keine Angst hätten. Sie sollten aufhören, uns so hinzustellen, als würden alle zähneklappernd zu Hause sitzen und sich nicht vor die Tür trauen. Ich habe mir dazu sogar einen Hashtag ausgedacht: #wirhabenkeineangst – und dazu drei von den Geist-Emojis aus dem iPhone.
Später sass ich nachts so lange im stehenden, dunklen Bus an der Grenze bei Diepoldsau, hörte die Stimmen der Grenzsoldaten und wartete, bis das Gepäck meiner Mitreisenden durchsucht worden war. Es hatte etwas Unheimliches, aber ich hatte keine Angst. Nur dass sich unser gewohnt reibungsloses Leben wegen dieses Terrors jetzt komplizierter gestaltet, ist schrecklich.
Meine Mitbewohnerin musste geschlagene 45 Minuten am Busbahnhof auf mich warten, weil wir zu spät ankamen. Wir sind alle an eine totale Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit gewöhnt. Jetzt weiss man nicht, was einen durch diese Angst alles unterwegs erwartet – und das macht auch wieder Angst. Angst, dass man nicht weiss, wie lange eine Reise dauert. Angst, dass man so wie einige letzte Woche den Bus verlassen und nachts frierend draussen warten muss, bis der Bus im Innern durchsucht ist. Wenn ich daran denke, dann bekomme ich Angst, dass mir das passiert, wenn Schnee liegt und ich dadurch schwer erkranke.
Angst lässt uns erstarren. Ich weiss, dass Angst eine Bremse ist für jegliches Gelingen und Vorwärtskommen. Angst blockiert, das habe ich schon oft am eigenen Leib erfahren. Habe ich Angst vor etwas, dann passiert nichts anderes mehr. Und es dreht sich nur noch darum, dass dieses eine nicht gelingen wird – meistens gelingt es dann auch nicht. Ohne Angst passieren so viele Dinge, dass dieses eine gar nicht mehr wichtig ist. Und wenn es nicht gelingen sollte, ist es gar kein Drama.
Wenn ich Angst habe, dann versuche ich mich zu beruhigen. Wovor habe ich Angst? Dass irgendetwas aufhört? Dass es nicht mehr so weitergeht wie bisher? Ja. Und? Eins ist doch sicher: Es wird immer weitergehen.