Diesen Donnerstag war in München die Vernissage für mein neues Buch «Die Susi-Krise». Es ist mein viertes Buch und auch mein schwierigstes. Es gibt einen Vorläufer, von dem Sie vielleicht gehört haben: «Stirb, Susi!» war mein erstes Werk und ein sehr grosser Erfolg in Deutschland und auch in der Schweiz. Ich beschrieb darin den Überdruss der Frauen über die sogenannten Softies, dass die Generation meiner Mütter, die in den 1960er-Jahren besonders emanzipiert sein wollten, ihre Söhne zu Frauenverstehern erzogen und ihnen jegliche Macho-Allüren aberzogen hatten. Und uns Frauen damit einen Haufen Weicheier schenkten. Was zur Folge hatte, dass Frauen sich neben den Softies nicht länger weiblich und sexy fühlen konnten und dadurch immer dominanter und herrischer wurden. Was die weichen Männer zusätzlich schwächte und ängstigte. Ein Teufelskreis!
«Stirb, Susi!» startete vor knapp zehn Jahren die grosse Macho-Debatte und gleichzeitig meine Karriere als Autorin, sehr angenehm. Dann kam vor zwei Jahren das Angebot, eine Fortsetzung zu schreiben: sozusagen «Stirb, Susi!» Reloaded. Ich sass damals gerade in der mallorquinischen Pampa, steckte mitten in meiner zweiten grossen Lebenskrise und hatte zu nichts weniger Lust, als an einem Buch zu schreiben. Meine Lebenskrise äusserte sich nämlich darin, dass ich das Ende des Amüsements akzeptieren musste – und gleichzeitig auch beruflich übersättigt war. Und mich in der Folge auf meine nicht so einsame Insel Mallorca zurückgezogen hatte, um allen und allem den Rücken zu kehren. Ich wollte nur noch meine Ruhe haben, tat also rein gar nichts, schaute aufs Meer und redete mit einer Siamkatze aus der Nachbarschaft. Und als ich anfing zu versuchen, ein Buch daraus zu machen, funktionierte es überhaupt nicht. Ich wusste ja nicht, dass ich in einer Krise war.
Aber keine Angst, mein neues Buch handelt überhaupt nicht von mir. Denn irgendwann kam ich zur – für mich erleichternden – Erkenntnis, dass alle anderen meines Alters, also vierzig plus bis fünfzig, auch in irgendwelchen Krisen stecken, Ängste haben und nicht wissen, wie sich ihr Leben weiter gestalten soll, wenn man schon älter, aber noch nicht uralt ist. Und genau darum geht es in der Susi-Krise.
Denn mir und andern Vierzig-Plusern bleibt nichts anderes übrig, als zu akzeptieren, dass sich unser Leben jetzt ändern wird und ändern muss. Nicht etwa, weil es von uns erwartet wird, sondern weil die meisten Dinge, über die wir uns ein Leben definiert haben, entweder keinen Spass oder keinen Sinn mehr machen. Alles Bisherige ist plötzlich nichtig, und es gibt nichts Neues. Und ich meinerseits merkte: Je intensiver und länger man jung war – oder besser gesagt so gelebt hat wie ein Jugendlicher –, desto härter wird der Absturz. Ausser man geht nach Berlin, in die einzige Stadt der Welt, in der Fünfzigjährige denselben Lebensstil haben wie woanders 25-Jährige und dem Hedonismus frönen, als gäbe es kein Morgen.
Ich verliess die Insel, kehrte zurück in die Zivilisation, begann die Kolumne für das SonntagsBlick Magazin zu schreiben, traf Männer, traf Frauen und merkte: Wir sitzen alle mehr oder weniger im selben Boot, egal ob verheiratet oder Single, mit kleinen oder grossen Kindern oder ohne. Alle haben ihre Probleme, und die meisten haben mit dem anderen Geschlecht zu tun, mit Erfolg, Geld und Körperlichkeiten. Denn alle stehen irgendwann vor dem Spiegel und müssen sehen: Es verändert sich etwas gravierend. Und das macht ihnen, mir, uns Angst. Also fing ich an, meine Freunde und Mitmenschen zu beobachten und diese Beobachtungen zu bündeln.
Die grossen Ängste sind: Kontrollverlustangst, Kalorienangst, Existenzangst, Angst vor Impotenz, Angst vor dem Ende der Welt, Altersangst, Angst vor Krankheiten, Angst vor der sexuellen Zukunft, Angst vor dem Tod. Kommt ihnen eine davon bekannt vor? Oder alle? Nun, dann kennen Sie sicher auch die vielen Süchte, die nur entstehen, um die Ängste zu bekämpfen. Ich nenne ein paar, auf die ich während meiner Feldforschungen zur «Susi-Krise» gestossen bin: Alterssexsucht, Kaufsucht, Alkoholsucht, (digitale) Aufmerksamkeitssucht, Health-Food-Sucht, Detoxsucht, Vaginalsucht, Food-Intolerance-Sucht, Aufspritzsucht (beim Dermatologen), Fitnesssucht, Kontrollsucht, Arbeitssucht. Die Liste ist lang.
Sie sehen, die Lage ist kompliziert. Darüber hinaus scheint in meiner Generation ein Beziehungszyklus zu Ende zu gehen, denn fast täglich werden Trennungen und Scheidungen bekanntgegeben. Was zur Folge hat, dass es noch nie so viele 40-plus-Daters gab. Dank Tinder und Digitaldating haben alle zwischen Pilates, Gym, Dermatologe und Kunstvernissagen die Hände voll zu tun, das reichhaltige Angebot auf dem Markt aufzustöbern und zu testen. Und während der Nachwuchs gerade vom Ex-Partner gehütet wird, stürmen sie freudig die nächste, möglichst kinderlose Bude.
Darüber lesen Sie in meinem neuen Buch. Lesen Sie es, wenn Sie zwischen dreissig und sechzig sind. Lesen Sie es, wenn Sie in der Krise stecken, eine Krise hinter sich haben oder gerade vor sich. Lesen Sie es, wenn Sie sich bei allem langweilen, Ihnen Ihr Leben zum Halse heraushängt, Sie sich nach einem Abenteuer sehnen oder wenn Sie ein disziplinierter Workaholic sind. Lesen Sie es, wenn Ihr Mann Sie wegen einer Jüngeren verlassen hat oder wenn Sie gerne Ihren Mann wegen eines Jüngeren verlassen würden. Lesen Sie es auch, wenn die Mutter Ihrer Kinder Ihnen nach Jahren immer noch die Laune verdirbt und die Neue ständig nach Geld fragt. Und auch, wenn Sie Angst haben, sich nie wieder sexy zu fühlen oder sich nie wieder richtig zu verlieben. Wenn Sie sich nach Romantik sehnen, nach Sicherheit oder nur nach Sex.
Sie werden sich in jedem Fall wiederfinden, das verspreche ich Ihnen, und auch Ihre Frau, Ihre Ex-Frau, Ihre Ex-Freundin. Ihre Kinder und Ihren Zukünftigen. Ich habe die «Susi-Krise» nicht als Helfer durch die Krise geschrieben, sondern als eine Reflexion dessen, was wir auf der Schwelle zum Erwachsenwerden erleben. Ich freue mich darauf zu hören, wie Sie mein Buch finden.