Haben Sie einen Therapeuten? Ich meine nicht, ob Sie psychisch krank sind, sondern ob Sie jemanden haben, zu dem Sie in regelmässigen Abständen gehen, um sich selbst und die anderen besser kennenzulernen? In den 1970ern gab es in den Bücherschränken aller Mütter einen dicken Wälzer: «Angst vorm Fliegen» von Erica Jong, ein Weltbestseller über eine Dichterin, die es mit Psychiatern treibt. Ich hab das Buch mit elf Jahren verschlungen und zusammen mit allen Woody-Allen-Filmen sehr geliebt.
Beim Psychotherapeuten zu sitzen und über die Langeweile des Daseins zu klagen, war seither eine meiner Lieblingsbeschäftigungen – bis ich vor einigen Jahren in Zürich an einen korrupten Shrink geriet. Meine Stimmung war ganz unten wegen – na, was wohl? – eines Kerls. Die Ärztin attestierte mir eine tief liegende Depression, die man nur mit Hilfe eines 6000-Franken-Trips mit ihr in ein Bergdorf kurieren könne. Nein, weitere Besuche in ihrer Praxis wären sinnlos: Bergdorf oder Depressionstod. Dabei wollte ich nur bei ihr rumsitzen, ihre dicke Katze streicheln und ein bisschen jammern.
Für zwei Mal Katze streicheln kam eine horrende Rechnung. Seither lebe ich therapielos weiter und habe jetzt einen neuen Freund. Frisch geschieden und auch schon wieder frisch getrennt vom Scheidungsgrund, ist er überfordert von seiner Situation. Eine echte Midlife-Krise habe ich ihm diagnostiziert. Aber er tut etwas dagegen und verbringt seine Tage abwechselnd bei verschiedenen Therapeuten an der Goldund der Silberküste. Abends ruft er mich an, und ich frage neugierig: «Was hat dein Therapeut heute gesagt?»
Mir ist der Silber-Shrink lieber, weil er schlaue Dinge von sich gibt. Er unterscheidet vier Frauentypen: solche mit 1. hoher Selbstachtung (High Self Esteem) und hoher Libido (High Sexual Drive), 2. hoher Selbstachtung (HSE) und tiefer Libido (Low Sexual Drive), 3. LSE und HSD und 4. LSE und LSD. Seit ich das weiss, kategorisiere ich jede Frau, die ich treffe. Wirklich jede, auch meine Mutter. Und jede Frau lässt sich einteilen.
Ich erzählte Z. von meinem schlechten Erlebnis bei der Ärztin. «Bei der war ich auch schon», rief er, «die hat eine Vollmeise, die kann niemandem helfen! Ich habe sie mitgenommen zu einer Meditationswoche in den Bergen, danach lag sie weinend in meinen Armen und hat sich bedankt. Die ist total verrückt.» Ich war fassungslos: Wir waren beim selben Shrink, aber statt dafür zu bezahlen, sich in ein Bergdorf schleppen zu lassen, hatte er sie mitgenommen und sie bezahlen lassen. Total verrückt. Jetzt wissen Sie, was zu tun ist, wenn man Ihnen sagt, nur ein 6000-Franken-Bergdorf-Ausflug helfe: Drehen Sie den Spiess um!