Einsame Samstagabende, maskierte Gesichter, Dates im Auto und eine zweite Welle, die sich viel zu lange hinzieht: Das Coronavirus macht uns das Leben schwer – und dabei könnte es vorerst bleiben. Angesichts von Impfverzögerungen und Mutationen ist so bald kein Ende in Sicht.
Das Virus belastet – in erster Linie körperlich, aber auch seelisch. Den SonntagsBlick erreichten in den letzten Tagen Dutzende Berichte von Menschen, denen die endlose Krise mit ihren wechselnden Einschränkungen aufs Gemüt schlägt. Die anfängliche Schockstarre ist einer tiefen Abgeschlagenheit gewichen. Auch in den sozialen Medien häufen sich Klagen erschöpfter Menschen, mitunter ist der Ton gehässig.
Zwar schaffen es offenbar die meisten, ihre Leichtigkeit im Alltag zu behalten. Andere aber hadern. Seit Beginn des neuen Jahres laufen bei Psychologen die Telefonleitungen heiss. Die Plattform sanasearch.ch registrierte im Januar fast 20 Prozent mehr neue Buchungen für Psychotherapie als im September. Die Suchanfragen haben sich gar verdoppelt. Während in der ersten Phase Angststörungen im Vordergrund standen, sind es inzwischen Depressionen.
Viele Menschen sind überfordert, manche schlittern ab. Die Universitären Psychiatrischen Dienste Bern behandeln vermehrt Patienten mit Selbstmordgedanken. «Seit der zweiten Corona-Welle steigt die Anzahl suizidaler Patienten weiter an», sagt Susanne Walitza, Klinikdirektorin der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich. Selbst die Sterbehilfeorganisation Exit verzeichnet mehr Anfragen.
Stundenlange Zugfahrten und illegale Partys
Der Corona-Koller greift tief, zerrt an Substanz und Nerven. Jugendliche werden erfinderisch, setzen sich mit Plastik-Sektglas an die Bushaltestelle, fahren stundenlang gemeinsam im Zug hin und her, feiern teils illegale Partys. Der Frust artet aber nicht aus wie in den Niederlanden, wo es tagelang zu Strassenschlachten kam.
Seit Montag darf die Polizei Corona-Sünder zur Kasse bitten. Mit einer Bussenflut ist aber nicht zu rechnen, soziale Verantwortung steht im Vordergrund: Die grosse Mehrheit hält sich an die Massnahmen. Zudem werden Verstösse oft im Dialog gelöst. Strafzettel setzt es primär dort, wo es an Einsicht fehlt. Die Stadtpolizei Zürich büsste nach Einführung der neuen Gesetze weniger als zwanzig Menschen, die Kantonspolizei Freiburg stellte innert der ersten vier Tage gerade mal ein Ticket aus.
Die Schweizer verhalten sich brav, sind aber vom Corona-Burnout gefährdet. Was tun, damit uns die andauernde Krise nicht ausbrennt? «Wichtig ist, Zeit zum Relaxen und positive Aktivitäten zu pflegen – mit Freunden spazieren oder Fitnesstraining mit PET-Flaschen daheim», empfiehlt Katja Cattapan, Chefärztin für Psychiatrie und Psychotherapie des Sanatoriums Kilchberg. Und – wir sollten nicht zu streng mit uns sein: «Es ist okay, wenn in dieser Lage nicht alles perfekt läuft, wenn der Job im Homeoffice nervt, die Kinder zu viel Energie haben oder die Beziehung wackelt.»
Das Gute ist: Krisen können stärker machen. «Sie werden zur Chance, wenn wir dadurch erkennen, was uns wirklich wichtig ist im Leben, und daraus lernen.»
«Homeoffice mit Kindern – es ist der Horror. Meine zwei Kleinen sind fünf und sieben Jahre alt. Vor der Pandemie gingen sie nach der Schule ins Karate, in den Tanzkurs oder zu Freunden. Jetzt ist alles abgesagt, und es staut sich viel unverbrauchte Energie. In meinen Video-Meetings hört man sie im Hintergrund streiten. Das ging zwei, drei Monate gut. Jetzt dauert das alles zu lange an. Zur Aufmunterung dürfen wir nur noch Single-Freunde einladen, sonst würden wir die Fünf-Personen-Regel überschreiten. Ich bin müde von der Situation – aber dankbar zugleich, dass wir gesund sind und als Familie zusammenhalten.»
«Homeoffice mit Kindern – es ist der Horror. Meine zwei Kleinen sind fünf und sieben Jahre alt. Vor der Pandemie gingen sie nach der Schule ins Karate, in den Tanzkurs oder zu Freunden. Jetzt ist alles abgesagt, und es staut sich viel unverbrauchte Energie. In meinen Video-Meetings hört man sie im Hintergrund streiten. Das ging zwei, drei Monate gut. Jetzt dauert das alles zu lange an. Zur Aufmunterung dürfen wir nur noch Single-Freunde einladen, sonst würden wir die Fünf-Personen-Regel überschreiten. Ich bin müde von der Situation – aber dankbar zugleich, dass wir gesund sind und als Familie zusammenhalten.»
«Wenn ich aufwache, bin ich deprimiert und habe Existenzängste. Mit meiner chronischen Bronchitis gehöre ich zur Risikogruppe und habe riesigen Respekt vor Corona. Meine Tochter, die in Zürich lebt, habe ich seit Monaten nicht mehr gesehen. Meinen besten Freund in Deutschland kann ich nicht besuchen. Das Einkaufen ist momentan das Highlight des Tages. Dort aber muss ich oft Leute zurechtweisen, weil sie den Abstand nicht einhalten. Das ist zusätzlich belastend. Einen Termin beim Psychologen erhielt ich erst für in zehn Tagen, da viele komplett ausgelastet sind.»
«Wenn ich aufwache, bin ich deprimiert und habe Existenzängste. Mit meiner chronischen Bronchitis gehöre ich zur Risikogruppe und habe riesigen Respekt vor Corona. Meine Tochter, die in Zürich lebt, habe ich seit Monaten nicht mehr gesehen. Meinen besten Freund in Deutschland kann ich nicht besuchen. Das Einkaufen ist momentan das Highlight des Tages. Dort aber muss ich oft Leute zurechtweisen, weil sie den Abstand nicht einhalten. Das ist zusätzlich belastend. Einen Termin beim Psychologen erhielt ich erst für in zehn Tagen, da viele komplett ausgelastet sind.»
«Ich sitze seit zwei Monaten zu Hause und kann das Wort Corona nicht mehr hören. Die Lohneinbusse schmerzt, und ich habe Angst um meinen Job, denn ich weiss ja: Irgendwann kann der Chef die Situation nicht mehr tragen. Einen neuen Job im Gastgewerbe zu finden, wäre dann fast aussichtslos. Das macht Angst. Zudem fühle ich mich einsam. Im November bin ich in eine neue Region gezogen und hoffte, bei der Arbeit und im Frauenverein Freundinnen zu finden. Pech gehabt. Damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt, plane ich Physio- und Zahnarzttermine ein. Das gibt dem Alltag Struktur.»
«Ich sitze seit zwei Monaten zu Hause und kann das Wort Corona nicht mehr hören. Die Lohneinbusse schmerzt, und ich habe Angst um meinen Job, denn ich weiss ja: Irgendwann kann der Chef die Situation nicht mehr tragen. Einen neuen Job im Gastgewerbe zu finden, wäre dann fast aussichtslos. Das macht Angst. Zudem fühle ich mich einsam. Im November bin ich in eine neue Region gezogen und hoffte, bei der Arbeit und im Frauenverein Freundinnen zu finden. Pech gehabt. Damit mir die Decke nicht auf den Kopf fällt, plane ich Physio- und Zahnarzttermine ein. Das gibt dem Alltag Struktur.»
«In meinem Job bin ich ständig mit den Folgen des Virus konfrontiert. Früher half mir das Fussballspielen, nach einem belastenden Tag abzuschalten. Das fällt jetzt weg, weil Mannschaftssport für Erwachsene verboten ist. Es fehlt mir, mich zu bewegen und an nichts anderes zu denken als das Spiel. Am meisten vermisse ich allerdings meine Teamkollegen und unsere Gespräche nach den Matches. Da kam die letzten Monate einiges an Freude abhanden.»
«In meinem Job bin ich ständig mit den Folgen des Virus konfrontiert. Früher half mir das Fussballspielen, nach einem belastenden Tag abzuschalten. Das fällt jetzt weg, weil Mannschaftssport für Erwachsene verboten ist. Es fehlt mir, mich zu bewegen und an nichts anderes zu denken als das Spiel. Am meisten vermisse ich allerdings meine Teamkollegen und unsere Gespräche nach den Matches. Da kam die letzten Monate einiges an Freude abhanden.»
«Jetzt, wo ich selbständig erwerbend bin, fühlt sich die zweite Welle noch schlimmer an als die erste. Wegen Corona ist die Herausforderung doppelt so schwierig. Auch die Hochzeitsbranche wurde hart getroffen, und es wird wohl eine Weile dauern, bis die Buchungen wieder anziehen werden. Auf privater Ebene merke ich als Single noch viel mehr, wie gerne ich eine starke Schulter zum Anlehnen hätte. Ebenso habe ich Existenzängste, da ich sehr viel in meinen langjährigen Traum vom eigenen Studio investiert habe. Aber ich gebe bei Gott nicht kampflos auf!»
«Jetzt, wo ich selbständig erwerbend bin, fühlt sich die zweite Welle noch schlimmer an als die erste. Wegen Corona ist die Herausforderung doppelt so schwierig. Auch die Hochzeitsbranche wurde hart getroffen, und es wird wohl eine Weile dauern, bis die Buchungen wieder anziehen werden. Auf privater Ebene merke ich als Single noch viel mehr, wie gerne ich eine starke Schulter zum Anlehnen hätte. Ebenso habe ich Existenzängste, da ich sehr viel in meinen langjährigen Traum vom eigenen Studio investiert habe. Aber ich gebe bei Gott nicht kampflos auf!»
«Im ersten Lockdown hatte ich eine Freundin, jetzt bin ich Single. Allein in der Wohnung zu sitzen, ist nicht lustig. Vor Covid ging ich oft am Abend etwas trinken oder ins Fitnesscenter. Diese Kontakte fehlen mir extrem. Jetzt spiele ich stattdessen Games am Computer. Letztes Jahr schimmerte Licht am Ende des Tunnels. Es hiess: ‹Bis im Sommer ist das Virus weg›, dann ‹Es dauert noch bis zum Winter›. Und jetzt, mit den Mutationen und den Impfstoffverzögerungen? Es ist zum Verzweifeln. Aber ich denke, da geht es uns allen gleich.»
«Im ersten Lockdown hatte ich eine Freundin, jetzt bin ich Single. Allein in der Wohnung zu sitzen, ist nicht lustig. Vor Covid ging ich oft am Abend etwas trinken oder ins Fitnesscenter. Diese Kontakte fehlen mir extrem. Jetzt spiele ich stattdessen Games am Computer. Letztes Jahr schimmerte Licht am Ende des Tunnels. Es hiess: ‹Bis im Sommer ist das Virus weg›, dann ‹Es dauert noch bis zum Winter›. Und jetzt, mit den Mutationen und den Impfstoffverzögerungen? Es ist zum Verzweifeln. Aber ich denke, da geht es uns allen gleich.»
«Wir sind eine Sieben-Mädchen-Clique – zwei zu viel momentan. Wir müssen uns absprechen, wer an unsere Treffen draussen kommt und wer aussetzt. Seit Monaten habe ich Angst, dass ich das Virus nach Hause schleppen und meine Eltern und Grosseltern damit anstecken könnte. An der Uni war ich seit meinem Studienbeginn letzten Herbst nur ein paar Mal. Vorlesungen im Hörsaal oder Studentenpartys kenne ich nur vom Hörensagen, Studentenjobs sind kaum zu ergattern. Mein Alltag besteht aus Lernen, Kochen und Netflix. Hoffentlich ist bald alles wieder, wie es einmal war.»
«Wir sind eine Sieben-Mädchen-Clique – zwei zu viel momentan. Wir müssen uns absprechen, wer an unsere Treffen draussen kommt und wer aussetzt. Seit Monaten habe ich Angst, dass ich das Virus nach Hause schleppen und meine Eltern und Grosseltern damit anstecken könnte. An der Uni war ich seit meinem Studienbeginn letzten Herbst nur ein paar Mal. Vorlesungen im Hörsaal oder Studentenpartys kenne ich nur vom Hörensagen, Studentenjobs sind kaum zu ergattern. Mein Alltag besteht aus Lernen, Kochen und Netflix. Hoffentlich ist bald alles wieder, wie es einmal war.»