Um deren Umsetzung nicht weiter zu verzögern, haben SVP und FDP den Initianten gewichtige Zugeständnisse gemacht und damit den Weg für einen Kompromiss geebnet.
Die Vereinbarung, die Vertreter der beiden Fraktionen und Mit-Initiantin Vera Weber am späten Montagabend unterzeichnet haben, betraf drei umstrittene Elemente der Umsetzungsvorlage: Die Ausnahme für die auf einer kommerziellen Vertriebsplattformen zur Vermietung ausgeschriebenen Wohnungen, die Umnutzung erhaltenswerter Gebäude und die Umnutzung nicht mehr rentabler Hotels.
SPV und FDP sicherten in diesen Punkten ein Entgegenkommen zu, im Gegenzug versprach Weber, dass ihre Organisation auf ein Referendum verzichten werde.
Weil sich die Zugeständnisse weitgehend mit den Forderungen des links-grünen Lagers deckten, ging die Rechnung auf: Mit grosser Mehrheit stimmte der Nationalrat am Dienstag den Kompromissvorschlägen zu und entschied damit bei zentralen Bestimmungen des Zweitwohnungs-Gesetzes anders als der Ständerat.
Die wohl bedeutendste Abweichung betrifft die Ausnahme für touristisch bewirtschaftete Wohnungen. Dieser Vorschlag des Bundesrats hatte im Ständerat eine Mehrheit gefunden. Gegner der Bestimmung kritisierten jedoch, dass die tatsächliche Vermietung gar nicht kontrolliert werden könnte, was unweigerlich zu Umgehungen und zum Bau neuer Zweitwohnungen führen werde.
Grüne und SP verlangten daher schon in der Kommission, die Ausnahme für die so genannten Plattform-Wohnungen aus der Vorlage zu streichen. FDP und SVP stellten mit kurzfristig eingebrachten Anträgen die gleiche Forderung. Dies sei im Sinne einer raschen Umsetzung, sagte SVP-Sprecher Hans Killer (AG). Zudem führe die Ausschreibung allein nicht zu einer besseren Auslastung.
Links-Grün zeigte sich erfreut über die Kehrtwende, auch wenn sie spät und im Fall der SVP «nur aus Image-Gründen» erfolge, sagte Jacqueline Badran (SP/ZH). Bei mehreren Bestimmungen der Umsetzungs-Vorlage waren nämlich Zweifel an der Verfassungsmässigkeit laut geworden.
Verschiedene Redner im Nationalrat äusserten daher den Verdacht, dass die SVP im Hinblick auf die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative bloss den Eindruck vermeiden wolle, den Volkswillen zu missachten.
Dem Vorwurf trat Fraktionspräsident Adrian Amstutz (BE) entschieden entgegen. Für ihn ist es entscheidend, ein Referendum zu verhindern und Rechtssicherheit herzustellen. Deshalb gelte es, Lösungen mit Hand und Fuss zu präsentieren. Und schliesslich müsse es auch erlaubt sein, gescheiter zu werden, sagte Amstutz.
CVP und BDP wollen die Vorlage ebenfalls möglichst schnell umsetzen. Für das Vorgehen von SVP und FDP hatten sie aber kein Verständnis. Die BDP jedenfalls werde bei den «taktischen Spielen» auf dem Buckel der Berggebiete nicht mitmachen, sagte Hans Grunder (BE), und auch CVP-Sprecher Daniel Fässler (AI) erteilte dem «Kuhandel» eine Absage. Sie unterlagen deutlich: Die Ausnahme für Plattform-Wohnungen wurde mit 146 zu 42 Stimmen bei 6 Enthaltungen aus der Vorlage gestrichen.
Ähnlich deutlich wurden die beiden anderen Elemente des Kompromissvorschlags angenommen: Nur geschützte oder ortsbildprägende Bauten sollen zu Zweitwohnungen umgenutzt werden dürfen. Der Ständerat hatte beschlossen, dass alle erhaltenswerten Bauten in der Bauzone umgenutzt werden dürfen, wenn sie sonst vom Zerfall bedroht wären.
Das links-grüne Lager lehnte dies ab, weil Kantone und Gemeinden selber definieren könnten, was als erhaltenswert gilt. Sie befürchteten, dass «der Willkür damit Tür und Tor geöffnet» würde, wie Adèle Thorens (Grüne/VD) sagte. SVP-Sprecher Killer sprach sich am Dienstag mit dem Argument gegen die Umnutzung erhaltenswerter Gebäude aus, dass dies zu vielen Rechtsstreitigkeiten führen würde.
Die ungewohnte Koalition setzte sich auch bei der Umnutzung unrentabler Hotels klar durch. Der Antrag, dass diese nur auf der Hälfte der Fläche Zweitwohnungen bauen dürfen, wurde mit 145 zu 44 Stimmen angenommen. Laut SP-Sprecher Beat Jans (BS) löst das die Probleme der Hotellerie zwar nicht. Aber das sei eben der Deal, sagte er.
CVP und BDP setzten sich vergeblich für eine vollständige Umnutzung ein. Auch Raumplanungsministerin Doris Leuthard hatte Zweifel an der Lösung. Ein unrentables Hotel rentiere mit der Hälfte der Fläche ja wohl nicht besser, gab sie zu bedenken.
Zudem sei es widersinnig, die Regeln für die Umnutzung zu verschärfen, den Hotels aber den Bau neuer Wohnungen zu erlauben. Tatsächlich waren die vom Ständerat beschlossenen grosszügigen Möglichkeiten zur Erweiterung im Nationalrat unbestritten.
Die grosse Kammer hat die Vorlage noch nicht fertig beraten, die Diskussion wird am Mittwoch fortgesetzt. Ausstehend sind noch die Entscheide zur freien Umnutzung von Erstwohnungen, zur Erweiterung bestehender Gebäude sowie zum Antrag der Kommission, die Vorlage dringlich in Kraft zu setzen.