Schweizer Fernsehzuschauer überspringen immer häufiger die Werbeunterbrechungen. Der Nachteil des ungetrübten Programmvergnügens: Weniger Quote bei der Werbung bedeutet weniger Erlöse – am Schluss fehlt den Sendern das Geld beim Programm.
Die neusten Zahlen des ersten halben Jahres prognostizieren den TV-Sendern einen drastischen Erlösausfall: «107 Millionen Franken werden 2017 weniger in die Kasse fliessen», so Andrea Werder (43), Geschäftsführerin der Interessengemeinschaft der in- und ausländischen Radio- und Fernsehsender (IRF), deren Programme in der Schweiz und Liechtenstein verbreitet werden.
Replay ist in anderen Ländern verboten
Als Ursache der geringeren Erlöse nennen die Sender die Rückspulmöglichkeit «Replay», eine Zusatzfunktion, die exklusiv nur in der Schweiz genutzt wird. In anderen Ländern ist sie durch Urheberrechtsbestimmungen nicht erlaubt.
Swisscom, UPC und Co. bieten diesen Service in ihren TV-Abos an: Damit lassen sich Programme aller Sender bis zu sieben Tage zurückspulen und zu einem beliebigen Zeitpunkt abspielen – «Replay» eben. Die Werbeblocks werden übersprungen.
Jeder vierte bis 49-Jährige nutzt diese Funktion bereits regelmässig. Beliebt ist Replay vor allem bei fiktionalen Sendungen, also bei Filmen oder Serien, von denen bereits 33 Prozent werbefrei geschaut werden, wie die Fernsehforschung Mediapulse festgestellt hat. 2016 betrug der Ausfall von Werbeerlösen bereits 87 Millionen Franken.
Replay-Entschädigung von 8 Millionen Franken
Dieses «Loch» wurde durch Rechteabgeltung und eine Replay-Entschädigung von insgesamt 7,6 Millionen Franken kleiner. Doch es wird von Jahr zu Jahr schlimmer: Dem berechneten Ausfall von 107 Millionen stehen 2017 lediglich Einnahmen von acht Millionen Franken gegenüber.
Über die Weitergabe der Fernsehprogramme an digitale Plattformen und über das zeitversetzte Fernsehen per Replay streiten sich die TV-Sender und ihre Verwertungsgesellschaften (Swisscopyright) seit Jahren mit TV-Verbreitern wie Swisscom, UPC und den Kabelgesellschaften sowie Sunrise und Onlinediensten wie Wilmaa, Zattoo oder Teleboy.
Streit über Verlängerung des Vertrags
Der Vertrag, der Entschädigungen für Programmweitergabe und Erlösausfälle regeln soll, lief im Dezember 2016 aus. Über die Verlängerung wird immer noch gestritten. Die Radio- und Fernsehsender-Vertretung IRF verlangt einen besseren Einbezug der Sender in die Verhandlungen, zehn Rappen mehr Abgeltung und eine Beschränkung der Replay-Funktionen.
Weil die TV-Verbreiter sich dagegen wehren, ist jetzt die Eidgenössische Schiedskommission für die Verwertung von Urheberrechten am Zug. Demnächst dürfte sie einen eidgenössischen Kompromiss herbeiführen. Der Konsument merkt von alledem nichts: Alle diese Abgaben sind in seinem monatlichen TV-Abo inbegriffen.
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