Simon S.* († 27) ist der Zug-Amok von Salez SG. Er legte am Samstag in einem S-Bahnwagen der Südostbahn im St. Galler Rheintal Feuer und stach auf Passagiere ein. Janja S.* († 34) starb einen Tag später im Spital Zürich an ihren schweren Verletzungen (siehe unten). Ein sechsjähriges Mädchen ist seit gestern ausser Lebensgefahr. Eine junge Frau (17) kämpft weiter um ihr Leben.
Was trieb Simon S. zu dieser Wahnsinnstat? BLICK-Recherchen liefern verstörende Antworten. Simon S. stammte aus gutbürgerlichem Haus. Er wuchs mit einem zwei Jahre jüngeren Bruder im Nachbarkanton im Dorf Tuggen SZ auf. «Simon war schon als Kind ein Einzelgänger. Er war immer für sich», sagen ehemalige Schulgspändli. Simon schielte stark und wurde deshalb gemobbt. «Alle lachten über ihn.»
Er wirkte nie attraktiv auf Frauen
Eine Augenoperation ist wegen eines Nervs im Hirn zu heikel. Das Schielen bleibt. Trotzdem will Simon S. unbedingt eine Freundin. Sobald ihm eine Frau gefällt, schreibt er ihr romantische Liebesbriefe – sogar in Kalligrafie. Doch er kassiert nur Körbe. Einen nach dem anderen. «Er wirkte leider nie attraktiv auf Frauen, weil er so stark schielte», sagen ehemalige Schulkollegen. Zur Befriedigung geht der Aussenseiter regelmässig ins Puff.
Simon S. bekommt schon in der Primarschule Probleme, er muss die 4. Klasse wiederholen. Der Bub hat ein musisches Elternhaus. Der Vater, Primarschullehrer im Dorf, spielt in einer Bluesband und dirigiert den Kirchenchor. Der Grossvater, ebenfalls Lehrer, ist Organist in der Kirche.
Auch Simon S. musiziert als Kind. «Er spielte zuerst Klavier, dann Cello. Das machte ihm Spass», sagen seine Schulgspändli. Und er ist von Ausserirdischen fasziniert. «Er war ein Alien», heisst es noch immer im Dorf.
Drohungen gegen Lehrerin und Schule
Nach der Sekundarschule geht er aufs Gymnasium. Dort kommt es im Abschlussjahr zu einem Eklat. «Er hatte Probleme mit seiner Geschichtslehrerin. Sie war politisch sehr links. Er eher rechts-konservativ», sagen ehemalige Klassenkameraden. «Seine Lehrerin akzeptierte seine politische Einstellung nicht.»
Simon S. stösst Drohungen gegen Lehrerin und Schule aus. Die Polizei macht eine Hausdurchsuchung im Elternhaus, sie sucht Waffen. Simon S. besitzt ein Glockmesser, ein Kampfmesser des österreichischen Bundesheers. «Er war von da an als potenzieller Amokläufer abgestempelt», heisst es in Tuggen. «Er hatte alle gegen sich. Alle Lehrer, die ganze Schule.» Keiner ahnt, dass der Verdacht bald blutige Realität werden könnte.
Simon S. schmeisst alles hin. Er verlässt das Gymnasium ohne Matur, macht eine Lehre als Automatiker bei einem Autozulieferer in Eschen im Fürstentum Liechtenstein – inklusive Berufsmatur. Nebenbei studierte er noch Systemtechnik an der Hochschule für Technik in Buchs SG.
Simon S. ist noch immer in Teilzeit in seinem Lehrbetrieb angestellt, als er am Samstag im Zug in Salez Amok läuft.
Ging er bei seiner Wahnsinnstat gezielt gegen Frauen vor? Die Polizei will trotz des Todes des Täters weiter zum Motiv ermitteln. Auch, um mögliche Komplizen ausschliessen zu können.
Seine ehemaligen Schulkollegen sind von seinen Absichten überzeugt: «Nach dem Eklat mit seiner Lehrerin am Gymnasium hasste er alle Frauen. Er sagte, sie seien minderwertig. Und weniger intelligent.»
* Namen der Redaktion bekannt