Grosse Freude bei den Zürcher Fussballfans im November 2018: Eine Mehrheit der Stadtzürcher Stimmberechtigten spricht sich für den Neubau eines Fussball-Stadions auf dem Hardturm-Areal aus. 54 Prozent Zustimmung waren ein klares Indiz dafür, dass spätestens im Jahre 2022 in Zürich wieder in einem echten Fussball-Tempel – und nicht im Leichtathletik-Stadion Letzigrund – Fussball konsumiert werden kann. 18'000 Zuschauer werden Platz finden.
Doch jetzt folgt der Nackenschlag für die beiden Zürcher Stadtvereine GC und FCZ: Am heutigen Freitag wird die IG Freiräume ihr Referendum einreichen. In sechs Wochen haben die Stadiongegner gut 5000 Unterschriften gesammelt – benötigt hätten sie nur 2000. IG-Sprecherin Lisa Kromer sagt gegenüber dem «Tagesanzeiger»: «Wir haben viel Zuspruch erhalten auf der Strasse.» Die IG Freiräume habe Unterstützung von rund 100 Freiwilligen erhalten, darunter Nutzer der Hardtrum-Brache, Anwohner sowie Mitglieder der Klimastreik-Bewegung.
Bedeutet also: Die vierte Stadion-Abstimmung in Zürich binnen knapp zwei Jahrzehnten wird auch dank der Klimajugend von Greta Thunberg (16) erzwungen. Die schwedische Klimaaktivistin organisiert jeden Freitag den Schulstreik «Fridays for Future» – die Zürcher Klimastreik-Bewegung ist Teil davon.
FCZ-Canepa: «Das grenzt an Zwängerei»
Mit dem eingereichten Referendum steht fest, dass das Zürcher Stimmvolk im kommenden Mai erneut über das Schicksal des Fussball-Stadions und der Vereine GC und FCZ befinden muss.
Die beiden Klubs dürften darauf vorbereitet sein, hat sich das Referendum doch bereits im Oktober abgezeichnet. Damals sagte FCZ-Boss Ancillo Canepa zu BLICK: «Ich bin stolz auf unser einzigartiges System der direkten Demokratie. Es funktioniert aber nur, wenn die grundsätzlichen Spielregeln eingehalten werden. Das Volk hat letztes Jahr dem gesamten Projekt zugestimmt. Nun das Referendum zu ergreifen grenzt an Zwängerei, an Nichtakzeptieren von Mehrheitsentscheiden.»
GC-Interims-Präsident Andràs Gurovits hoffte vor zwei Monaten noch auf Einsicht, sagte: «Wir, der GC und ich, hoffen natürlich, dass der Wille der Stimmbürger, so wie im letzten November zum Ausdruck gebracht, respektiert wird und das Stadion, auf das wir auch aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen sind, gebaut werden kann.»
«In Zeiten der Klimaveränderung kann man so nicht mehr bauen»
Die Stadiongegner prangern die Umweltaspekte des geplanten Stadions an. «In Zeiten der Klimaveränderung und CO2-null-Ziele kann man so nicht mehr bauen», sagt IG-Sprecherin Lisa Kromer gegenüber dem «Tagesanzeiger».
FCZ-Präsident Canepa sieht der vierten Stadion-Abstimmung gelassen entgegen: «Ich bin zuversichtlich, dass die Bevölkerung ein feines Sensorium für Gerechtigkeit hat. Deshalb sehe ich einer möglichen vierten Stadionabstimmung innerhalb von 15 Jahren gelassen entgegen. Zumal das Projekt auch Themen wie Klima, Sicherheit und Quartierverträglichkeit sorgfältig berücksichtigt hat.»
Die Stadion-Abstimmungen im Rückblick
Das «Ja» zum Fussball-Stadion im vergangenen November war die zweite gewonnene Abstimmung für GC und den FCZ. Im Jahr 2003 stimmten 63,3 Prozent des Zürcher Stimmvolkes einem privatfinanzierten Neubau zu, 2018 waren es 54 Prozent. Vor sechs Jahren ging eine Abstimmung verloren – das Stimmvolk lehnte damals ein Stadionprojekt ab, das vom Steuerzahler hätte mitfinanziert werden sollen.
Der Wille des Stimmvolks scheint nach drei Abstimmungen also klar zu sein: «Ja» zu einem privatfinanzierten Fussball-Stadion, «Nein» zu einem öffentlich finanzierten Hardturm-Neubau. Nun werden die Stadtzürcherinnen und Stadtzürcher im Mai 2020 ein viertes Mal zur Urne gebeten. Bei einem neuerlichen «Ja» zum Projekt «Ensemble» könnte das Fussball-Stadion auf dem Hardturm nur noch über Beschwerden verhindert werden.