Zürcher Strassenstrich
So schlimm war es noch nie

ZÜRICH – Zürich ist bekannt für sein Rotlichtmilieu. Doch in den letzten Monaten hat sich eine aggressive Szene entwickelt, die ausser Kontrolle zu geraten droht.
Publiziert: 24.06.2009 um 15:36 Uhr
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Aktualisiert: 04.10.2018 um 22:07 Uhr
Von Mario Gertschen und Thomas Peterhans

Auf dem Strassenstrich am Sihlquai, zwischen der Langstrasse und dem Letten, bietet sich jeden Abend dasselbe Bild. Prostituierte buhlen am Strassenrand um Freier. Das war auch früher so, doch seit einiger Zeit herrscht im Milieu eine äusserst aggressive Stimmung.

Der Grund ist die starke Zunahme der billigen Sexdienerinnen aus Osteuropa. Denn mit ihnen ist wieder ein Phänomen aufgetaucht, dass man in Zürich so nicht mehr kannte: das des Zuhälters. Die aggressiven Männer bedrohen und verjagen fremde Prostituierte. Auch Anwohner und Passanten fühlen sich bedroht.

Frauen werden ausgebeutet

Diese Szene zu bekämpfen ist fast unmöglich. Die Prostituierten sind so eingeschüchtert und verängstigt, dass sie praktisch nie gegen ihre Ausbeuter aussagen. Dies, obwohl die Frauen unter schrecklichsten Umständen – sprich Menschenhandel – zu leiden haben.

«Den Frauen wird von Bekannten ein gut bezahlter Job in der Schweiz angeboten. Danach werden sie legal oder illegal ins Land geschleust. In der Schweiz angekommen, werden die Frauen nach Strich und Faden ausgebeutet», erklärt Markus Gähwiler von der Stadtpolizei Zürich gegenüber Blick.ch.

«Die Zuhälter nehmen ihre Papiere, falls sie welche haben, und lassen sie zu Dumpingpreisen auf dem Strich arbeiten.» Von dem verdienten Geld würden die Prostituierten nur einen Bruchteil behalten dürfen. Gähwiler: «Häufig verkaufen die Zuhälter die Frauen auch für ein paar hundert Franken an andere Zuhälter.»

Projekt «Rotlicht» hält dagegen

Die Stadt Zürich reagiert jetzt mit verschiedenen Massnahmen. «Die Kontrollen wurden vervielfacht«, sagt Rolf Vieli vom Projekt «Rotlicht». Zudem gäbe es eine neue Strategie, die aber nicht publik gemacht werde. Vieli: «Wir hoffen, dass auch die Justiz erkennt, wie wichtig der Kampf gegen diese Art von Prostitution ist.»

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