Der Zürcher Uni-Professor Adriano Aguzzi (59) ging mit seinem Video viral. Der Neuropathologe forderte die Bevölkerung eindringlich auf, wegen des Coronavirus zu Hause zu bleiben. Am Freitag kritisierte Aguzzi den Bundesrat und forderte den «kompletten Shutdown» wie in Italien.
Jetzt gilt in der Schweiz zumindest der Lockdown. «Die Massnahmen des Bundesrats bewirken etwas. Sie gehen sicherlich in die richtige Richtung. Aber auch die strengste Verordnung hilft nur, wenn die Menschen sie befolgen», sagt Aguzzi am Dienstag zu BLICK.
«Jeder 50. Bewohner trägt das Virus»
Laut dem BAG sind in der Schweiz 2650 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Der Mediziner ist jedoch überzeugt, dass die Zahl in der Tat bei weit über 100'000 liegt. «Ich gehe davon aus, dass sich zwei von 100 Menschen in der Schweiz mit dem Virus infiziert haben. Das heisst, dass jeder 50. Bewohner der Schweiz das Coronavirus in sich trägt. Die Wahrscheinlichkeit liegt damit bei zwei Prozent, auf eine infizierte Person zu treffen.»
Das Problem dabei: Die Leute würden jetzt noch nicht wissen, dass sie infiziert seien. Allerdings werde sich das bald ändern, weil sie krank werden würden. Aguzzi schlägt darum Alarm: «10'000 oder noch mehr Menschen werden Spitalpflege benötigen. Doch in der Schweiz gibt es nicht genügend Beatmungsgeräte.» Auch für flächendeckende Tests, die er begrüssen würde, würden die Kapazitäten nicht ausreichen, sagt der Zürcher.
«Supermärkte sollen Anzahl Personen beschränken»
Sein Lösungsvorschlag: «In Supermärkten wäre es aus den genannten Gründen sinnvoll, dass die Anzahl Personen, die gleichzeitig in ein Geschäft gehen, beschränkt wird.» Einige Detailhändler tun dies bereits.
So hat Aldi in vereinzelten Filialen im Tessin und im Kanton Basel-Landschaft Sicherheitsleute positioniert, die den Kundenandrang regulieren. Aktuell gilt die Regel: Vier Quadratmeter pro Kunde, erklärt Sprecher Philippe Vetterli.
Dass die Spitäler an den Anschlag kommen werden, befürchtet auch der Bund. Daniel Koch, Leiter Übertragbare Krankheiten beim BAG, sagte heute: «Wenn uns das nicht gelingt, werden wir unsere Spitäler überlasten.» Momentan sei die Lage auf den Intensivstationen noch unter Kontrolle. Sinke die Hospitalisierungsrate aber nicht, dann werde es bald mehr Todesfälle zu beklagen geben. (noo/man)