Wärterin spaziert mit Häftling raus - während ihr Kollege schläft
Wie sicher ist das Gefängnis Limmattal?

Im Nachhinein ist man immer schlauer: Nachdem eine Knast-Aufseherin einem Straftäter zur Flucht aus dem Gefängnis Limmattal verholfen hat, will man die Abläufe überarbeiten. In anderen Gefängnissen gibt es solche Sicherheitslücken nicht.
Publiziert: 10.02.2016 um 10:30 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 18:00 Uhr
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Mit diesen Bildern fahndet die Polizei nach Hassan Kiko und Angela Magdici. Hasssan Kiko sass wegen Vergewaltigung hinter Gittern. Angela Magdici (32) arbeitete seit 2013 als Gefängniswärterin.
Foto: Kapo ZH

Einfacher hätte die Flucht aus dem Knast nicht sein können: In der Nacht auf gestern öffnet Wärterin Angela Magdici (32) die Zellentür und spaziert mit dem verurteilen Vergewaltiger Hassan Kiko (27) aus dem Gefängnis Limmattal in Dietikon ZH. 

Ihr Kollege aus der Nachtschicht kriegt davon nichts mit: Er schläft. «Das ist aber normal so. Auch, weil wir wenig Ressourcen haben», sagt Rebecca de Silva, Mediensprecherin vom Amt für Justizvollzug zu BLICK.

Der zweite Wärter bemerkt die Flucht erst nach seiner Ruhepause, die bis 5 Uhr dauert. Als er Alarm schlägt, haben die Flüchtigen schon mehrere Stunden Vorsprung. 

Eine Lücke im Sicherheitssystem? Bei uns hätte das nicht passieren können, tönt es aus anderen Gefängnissen. Ein «umfassendes und durchdachtes Sicherheitskonzept mit technischen und operativ-strukturellen Vorkehrungen» schliesse «solche Vorfälle praktisch aus», sagt beispielsweise Stefan Weiss, Leiter der Dienststelle Militär, Zivilschutz und Justizvollzug (MZJ) des Kantons Luzern zum «Boten der Urschweiz». 

So seien die Funktionen Betreuung und Sicherheit «strikte voneinander getrennt». Eine Betreuungsperson könne das Gefängnis nicht mit einem Häftling verlassen. Dazu brauche es die Autorisierung und Freigabe einer Sicherheitsperson. Im Klartext: Um das Gefängnis zu verlassen, braucht es das Einverständnis von zwei Personen. 

Im Gefängnis Limmattal ist das nicht der Fall. Der verurteilte Vergewaltiger Hassan Kiko musste nur eine Person von sich überzeugen. In Wärterin Angela Magdici fand er die perfekte Fluchthelferin.

«Von einer Beziehung war uns nichts bekannt»

Ob die beiden ein Liebespaar sind, ist unklar. «Von einer Beziehung war uns nichts bekannt, der berufliche Umgang zwischen den beiden in Bezug auf Nähe und Distanz ist Gegenstand der Abklärungen», so Gefängnisdirektor Roland Zurkirchen zu BLICK.

Denn: Im Gefängnis Limmattal sind die Aufseher gleichzeitig auch Betreuer. «Als Aufseher sind wir strikt, als Betreuer muss es möglich sein, auch mal ein vertrauliches Wort mit den Insassen zu sprechen. Eine professionelle Beziehung zu ihnen aufzubauen, das gehört zum Alltag.»

Angela Magdici fehlte diese Professionalität. Für Zurkirchen ein extremer Vertrauensmissbrauch. «Das es jemand aus dem Team war, trifft uns besonders hart.»

Jetzt werde man den Vorfall sorgfältig aufarbeiten. «Das Ereignis gibt uns neue Erkenntnisse. Das müssen wir auswerten», sagt Zurkirchen. «Die Gefängniswelt ist keine statische. Wir sind immer in Bewegung machen uns immer Gedanken, wie man Dinge verbessern könnte», so der 49-Jährige. 

«Dass unser Gefängnis weniger sicher ist als andere, würde ich nicht sagen. Nehmen wir das Beispiel Germanwings. Nur weil einer der Piloten Selbstmord beging, ist die Airline nicht weniger sicher. So tragisch es ist, ganz vermeiden lässt es sich nicht. Bei uns arbeiten Menschen, keine Maschinen.» (mad) 

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