Vom Eishockey-Talent zum «Surprise»-Verkäufer – Zürcher Stadtoriginal ist tot
Das tragische Leben von Ruedi Kälin (†64)

Für jeden hatte er einen netten Spruch: Der Bündner «Surprise»-Verkäufer Ruedi Kälin ist mit 64 Jahren gestorben. Allein, in seiner neuen Wohnung am Rand von Chur.
Publiziert: 02.08.2023 um 18:15 Uhr
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Aktualisiert: 02.08.2023 um 23:56 Uhr
Das Zürcher Original Ruedi Kälin ist im Alter von 64 Jahren verstorben.
Foto: facebook / Surprise NGO

Ob auf der Bahnhofsbrücke, an Kreuzungen oder in den Fussgängerzonen. Über 20 Jahre lang verkaufte Ruedi Kälin (†64) das Arbeitslosenmagazin «Surprise». Der Bündner mit dem zerzaust wehenden Bart war ein Zürcher Original. Nun ist er kurz vor seiner Pensionierung im Alter von 64 Jahren verstorben. Allein, in seiner kürzlich bezogenen Wohnung am Churer Stadtrand, wie das Portal Zürich 24 berichtet.

Er war das Aushängeschild der Arbeitslosenzeitung «Surprise». Auf der Facebook-Seite des Magazins wurde dann auch der Tod des Bündners verkündet. «In meinen traurigsten Zeiten waren deine Umarmungen auf der Brücke vor der Arbeit das Allerwertvollste, voller unbezahlbarer Positivität und Liebe. Ich werde dich sehr fest vermissen», schreibt eine Nutzerin unter dem Post.

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Karriere als Hockeyspieler

Kälin war in Zürich bekannt und wurde oft abgelichtet. So beispielsweise im Musikvideo zum Song «Leu vo Züri» von Dodo, in dem Kälin gleich mehrmals vorkommt. Aber auch die «NZZ» widmete dem Strassenverkäufer ein Porträt. Der grosse Traum des Bündners war es in jungen Jahren, professioneller Eishockey-Spieler zu werden. In den 70er-Jahren galt er als hochtalentierter Goalie beim HC Davos. Bis heute gibt es Stimmen, die behaupten, er hätte es durchaus in die NHL schaffen können, berichtet Zürich24.

Doch eine schwierige Jugend und der Suizid seines Vaters brachten Kälin aus der Spur. Er musste für Mutter und Schwester sorgen, machte eine Nachlehre als Koch. Nach Stationen als Bügelhalter am Skilift, als Tankstellenwart und als Zeitungsausträger landete er schliesslich auf der Strasse. Siebeneinhalb Jahre lang schlief er im Freien. Bei gutem Wetter am Tiefenbrunnen, bei Regen zwischen Milchbuck und Bucheggplatz.

Allein in Wohnung gestorben

Im September 2000 startete er als «Surprise»-Verkäufer. Nach seiner Zeit auf der Strasse zog er in eine kleine Wohnung in Chur, von der aus er fast täglich nach Zürich pendelte. Jüngst musste Kälin jedoch in eine Wohnung weiter vom Zentrum entfernt umziehen. Hiess für ihn: Noch vor 4 Uhr morgens aufstehen, um pünktlich um 5.40 Uhr an seinen Standplätzen in Zürich zu sein.

In dieser Wohnung hat ihn ein Freund vergangene Woche tot aufgefunden. Kälin sei allein gestorben, gezeichnet von seiner Diabeteskrankheit, schreibt Zürich24. Ende September wäre er 65 Jahre alt geworden und hätte in Pension gehen dürfen. (jl)

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