Verliebt und verkauft in Zürich und Bern
Loverboys zwingen Mädchen zur Prostitution

In der Schweiz kommen immer mehr Fälle von sogenannten Loverboy-Opfern ans Licht: Junge Mädchen werden von ihrem Geliebten an andere Männer verkauft – das Geld dürfen sie nicht behalten. In Zürich und Bern sind solche Loverboys besonders häufig anzutreffen.
Publiziert: 16.09.2017 um 18:05 Uhr
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Aktualisiert: 05.10.2018 um 01:31 Uhr
Die Opfer von Loverboys sind meist sehr jung – manchmal kommen sie gerade erst in die Pubertät (Symbolbild).
Foto: thinkstock

Sie gaukeln die grosse Liebe vor, kaufen Geschenke und tragen ihre Opfer auf Händen – bevor sie sie zur Prostitution zwingen. Die Rede ist von sogenannten Loverboys. Männern, meist zwischen 19 und 26 Jahre alt, die jüngere Mädchen emotional von sich abhängig machen, um sie dann an andere Männer zu verkaufen. In Zürich und Bern kommen solche Fälle mittlerweile vermehrt vor, berichtet Radio Energy.

Auf Tinder kennengelernt

In Zürich werden jährlich bis zu 25 Loverboy-Fälle registriert, sagt Ursula Kocher, Leiterin der Frauenberatungsstelle Flora Dora, zu Radio Energy. In Bern soll die Anzahl Fälle stetig steigen, offizielle Zahlen sind aber nicht bekannt. «Wir gehen von einer hohen Dunkelziffer aus, da sich viele Betroffene aus Scham gar nicht erst bei uns melden», sagt Alexander Ott, Chef der Fremdenpolizei, zu BLICK. «Ein Loverboy sucht sich seine Opfer häufig auf Online-Single-Plattformen wie Tinder oder Lovoo aus. Meist sind es junge Mädchen, zwischen 13 und 15 Jahre alt. Sie verlieben sich in den Täter, werden emotional abhängig. Sobald genügend Abhängigkeit da ist, stellt der Loverboy das Mädchen massiv unter Druck und verkauft es schliesslich als Prostituierte», erklärt Ott.

Manipulation und Misshandlung

Die Mädchen gingen nicht etwa auf den Strassenstrich, ihre Dienste werden über Internetplattformen angeboten. Die Treffen finden in privaten Wohnungen oder Autos statt. Das eingenommene Geld müssen sie ihrem Loverboy abgeben. «Es ist unglaublich, wie schlecht die Opfer von ihren Tätern behandelt werden und wie sie dennoch immer wieder zu ihnen zurückkehren», sagt Ott.

Der Teufelskreis sei schwer zu durchbrechen: «Das Wichtigste ist, dass sich die Opfer jemandem gegenüber öffnen können. Ob das ein Polizist, Psychologe oder Freund ist, spielt keine Rolle. Auch mit Prävention in Sekundar- und Berufsschulen könnte man dem Problem entgegenwirken.»

Laut Irene Hirzel, Geschäftsführerin von Act 212, dem Beratungszentrum gegen Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung, ist die Schweiz mit dem Loverboy-Phänomen noch überfordert: «Langsam muss sich die Schweiz Gedanken machen, wie sie mit diesem Problem umgehen soll. Prävention bei jungen Mädchen wäre sicherlich ein guter Ansatz.» (hah)

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