Tom Novak wog 125 Kilo, war depressiv und arbeitslos – dann entdeckte er den Sport
Mit voller Kraft aus dem Burn-out

Tom Novak (46) wurde von einem Burn-out aus dem Leben gerissen. Er kämpfte sich zurück – mit Hilfe von Hanteln. Und stellte am Wochenende einen Schweizer Rekord auf.
Publiziert: 28.03.2018 um 09:16 Uhr
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Aktualisiert: 12.09.2018 um 20:50 Uhr
«Der Sport war mein Antidepressivum»
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Tom Novak wog 125 Kilo, war depressiv und arbeitslos:Mit voller Kraft aus dem Burn-out
Michael Sahli

Tom Novak (46) aus Zürich lebte auf der Überholspur, gab immer Vollgas. Er arbeitete in der Vermögensverwaltung einer grossen Versicherung – und war jedes Wochenende im Ausgang. «Ich dachte, ich sei Superman», sagt er rückblickend.

Bis zu einem verhängnisvollen Montagmorgen, den Novak nie mehr vergessen wird: «Ich sass im Tram. Und hatte von einer Sekunde auf die andere Herzrasen, bekam keine Luft mehr.» Der Zürcher dachte, er sei einfach übermüdet. Aber: Sein Leben sollte nie mehr sein wie zuvor.

Tom ging zum Arzt. Und bekam die Schockdiagnose: Depression. Obwohl er Tabletten verschrieben bekam, verschwand das Gefühl nicht. «Es wurde immer schlimmer. Ich konnte das Haus nicht mehr verlassen, nicht mehr Auto fahren oder arbeiten. Es ging nichts mehr. Null. Von einer Sekunde auf die andere.»

Angst vor Menschen, Landschaft – und Schlaf

Novak, nun völlig hilflos, zügelte wieder in die Nähe seiner Eltern nach Uetikon am See ZH. «Die waren zum Glück für mich da. Gingen für mich einkaufen, weil ich es nicht mehr selber konnte. Es ging einfach nicht. In dieser Phase verlor ich auch meinen Job.» Novak wird von Ängsten geplagt: Angst vor Menschen, Angst vor weiten Flächen, sogar Angst vor dem Schlafen.

Zwei Jahre lang verkriecht sich der früher so extrovertierte Mann in den eigenen vier Wänden. «Es war die Zeit, als das Thema Burn-out öffentlich diskutiert wurde. Ich erkannte meine Symptome sofort wieder.»

Nach acht qualvollen Jahren kam er schliesslich zum Punkt, wo er sich selber sagte: «Du musst dich zwischen Leben und Tod entscheiden.» Es fühlte sich wie ein Neustart an. «Ich sagte mir: dein Rucksack ist leer. Du kannst ihn ganz neu füllen. Das war, als hätte man einen Schalter umgelegt.»

Der Kampf zurück ins Leben

Mit knapp 40 beginnt er seinen Lebensstil radikal zu ändern. Hört auf zu rauchen und zu trinken. «Körperlich ging es mir nicht gut. Ich war weit über 100 Kilo, konnte mir fast nicht mehr die Schuhe binden.»

Durch Zufall bekam der Zürcher eine sogenannte ‹Kettlebell› in die Hand gedrückt – eine kugelrunde Hantel mit Griff. «Diese Hantel war – im Rückblick – meine Rettung», sagt Tom. «Ich wusste sofort: das ist es!»

Der 120-Kilo-Mann trainiert im «Balboa»-Fitnesstempel in Zürich, nimmt im ersten Jahr über 20 Kilo ab. «Ich lernte wieder, wie leistungsfähig ich bin. Es war pure Entspannung für den Kopf, mein persönliches Antidepressivum.»

Novak trainiert sich zurück ins Leben. Und lernt Timo Klein (40), Mitgründer von «Balboa», kennen. «Er fragte mich, ob ich eine Fitnessklasse übernehmen wolle. Ich sagte sofort ja.»

«Er gehört zu den beliebtesten Trainern»

Novak unterrichtet mittlerweile bis zu acht Klassen pro Woche, verdient seinen Lebensunterhalt damit. Und sein Chef ist mehr als zufrieden mit ihm: «Er gehört zu den beliebtesten Trainern», so Klein. 

Seit wenigen Wochen, ziemlich genau 15 Jahre nach dem verheerenden Montagmorgen im Tram, ist Novak definitiv wieder auf der Gewinnerspur. «Ich habe die Schweizermeisterschaften für dopingfreies Powerlift in meiner Altersklasse gewonnen», strahlt er. «Sogar für einen Schweizer-Rekord im Bankdrücken hat es gereicht. Bald geht es an die WM nach Glasgow.» Tom Novak ist zurück im Leben.

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