In Rüti ZH geht nach der Bluttat in der Nacht auf Weihnachten die Angst um. Angst, dass die friedliche Gemeinde zum Schlachtfeld zweier verfeindeter mazedonischer Familienclans werden könnte. Hinter vorgehaltener Hand sprechen die Anwohner von «Mafia». Von «Blutrache». Es gibt Hinweise, dass diese Angst nicht unbegründet ist.
Die Schüsse fallen in der Nacht auf den 25. Dezember, etwa um 2 Uhr in der Nacht. Als die Polizei am Ort des Geschehens eintrifft, ist der Wirt des Restaurants Bären, I. I.* (†51), tödlich getroffen. Auf dem Trottoir gegenüber dem Restaurant liegt ein gutes halbes Dutzend Patronenhülsen. Ansonsten fehlt vom unbekannten Täter jede Spur – trotz sofort eingeleiteter Fahndung.
Wirt wurde von der Strasse aus durchs Fenster erschossen
«Es war wohl eine gezielte Aktion», sagt ein Nachbar zu BLICK am Tatort. Seinen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. Er fürchtet sich vor der Familie: «Hier ist die Mafia im Spiel.» Der Bären-Wirt sei durchs Fenster des Restaurants erschossen worden – von der gegenüberliegenden Strassenseite aus. Gezielt. Kein einziger Schuss traf die Fassade. «Es waren etwa fünf oder sechs Schüsse durch zwei Fenster», so der Zeuge. Die Polizei möchte das so nicht bestätigen. Spricht stattdessen von «Schüssen aufs Haus», die für den Wirt tödlich endeten.
Wusste Wirt I. I. von der drohenden Gefahr? Ein Bewohner einer der Wohnungen über dem Restaurant berichtet von ängstlicher Stimmung bei der Beizerfamilie in den letzten Wochen. «Uns wurde immer wieder gesagt, dass wir unbedingt die Haustüre abschliessen müssen», erinnert er sich.
BLICK-Recherchen zeigen: Es war eine Tat mit Ankündigung. Der Wirt ist nämlich nicht das erste Opfer der Clan-Fehde. Am Anfang stand ein Streit zwischen der Familie des Bären-Besitzers I. und dem mazedonischen Mafioso Dilaver «Leku» Bojku (†58). Leku wurde von Interpol und den US-Behörden wegen Frauenhandel und illegaler Prostitution gesucht.
Opfer-Angehörige kreisen mit Auto durch Rüti ZH
Zum ersten Todesfall kam es im Dezember 2015. S. I.* (†23), der Sohn des Bären-Besitzers, wurde in der mazedonischen Heimatstadt Struga erschossen. Im August 2017 wurde Leku vor seinem Restaurant in Struga mit einem Kopfschuss getötet. Eine Vergeltungsaktion?
Angehörige des Opfers reagierten gestern gereizt auf Fragen zur Clan-Fehde. Ein klärendes Gespräch lehnten sie ab. Später veröffentlichten sie laut «20min.ch» eine Stellungnahme. Sie erwähnen den lange schwelenden Streit mit dem Clan. Aber mit dem Mord am Mafia-Boss habe ihre Familie nichts zu tun. Das Unbehagen im Dorf kann dies kaum beruhigen.
*Namen bekannt