Wie jeden Morgen dreht der Schweizer Designer Damian von Lichten (47) auf dem Zürcher Käferberg mit seiner Labrador-Hündin Lola seine Runde. Plötzlich hört er Schreie. «Ein grosser, weisser Hund biss an einem Rehbock rum. Es war schrecklich, der Bock schrie laut», sagt von Lichten zu BLICK. «Die Situation war ein grosser Schock für mich.»
Daneben steht hilflos die Hundehalterin. Als von Lichten den Notruf wählen will, reagiert sie hysterisch. «Ich sagte, dass sie den Hund wegnehmen soll», sagt von Lichten. Doch die Frau fürchtete um die Konsequenzen für ihren Hund – und weigerte sich deshalb, die Polizei einzuschalten.
«Ich hielt den blutenden Bock in meinen Armen»
Sie sei schliesslich einfach gegangen. «Ich rief natürlich die Polizei, die den Wildhüter informierte. Es war ein Hin- und Her am Telefon, bis er mich endlich im Wald fand. Dazu hatte ich ja noch meinen eigenen Hund dabei. Ich hielt den schreienden, blutenden Bock in meinen Armen, es war sehr schlimm», sagt der Designer.
Eine Stunde vergeht, ehe der Wildhüter eintrifft. Für den Rehbock kommt jede Hilfe zu spät: Der Wildhüter muss das Tier erschiessen. Damian von Lichten will nun Anzeige gegen die Besitzerin des Hundes erstatten, der das Tier gerissen hatte. «Sie hätte Verantwortung für ihren Hund übernehmen müssen. Dass sie die Polizei nicht informiert hat, ist nicht richtig», sagt von Lichten.
«Hat sie nicht interessiert»
Doch auch auf die Polizei ist der Designer, der Mitte der 90er-Jahre die «Swiss Fashion Show» ins Leben rief, sauer. Er habe die Stadtpolizei Zürich am Unfallort über die Flucht der Frau informiert. «Doch es hat sie nicht interessiert. Sie sagten mir, dass ich selbst Anzeige erstatten müsse», sagt er aufgebracht.
Grün Stadt Zürich bestätigt den Vorfall gegenüber BLICK. «Heute Morgen kam es am Käferberg in Zürich zu einem Riss eines Rehbocks durch einen Hund. Unser Wildhüter wurde durch die Einsatzzentrale der Stadtpolizei informiert und telefonierte mit der Person, die den Riss beobachtet hatte», sagt Marc Werlen, Leiter Kommunikation. «Da die Person offenbar sowohl den Hund wie auch die Halterin gesehen hatte, empfahl unser Wildhüter, bei der Polizei Anzeige zu erstatten.»
Hunde-Halterin könnte wegen Wilderei zur Verantwortung gezogen werden
Klar ist: Die Frau hätte nicht einfach davonlaufen dürfen. Werlen sagt: «Bei Unfällen oder Vorfällen mit Wildtieren sind die Wildhüter zu kontaktieren.» Dies könne auch über die Notrufnummer der Polizei geschehen.
Die Halterin des Hundes, der heute Morgen das Reh riss, tat dies nicht. Gemäss Polizeisprecher Marco Cortesi könne sie nun wegen Wilderei zur Verantwortung gezogen werden. «Es ist wichtig, dass sich der Beobachter bei uns meldet, damit wir neue Erkenntnisse gewinnen können. Die Ermittlungen haben wir aber bereits aufgenommen und den Rehbock zur Spurensicherung sichergestellt», sagt er zu BLICK. (kad)