Für die Leute in der Halle 622 in Zürich-Oerlikon ist er so eine Art Zauberer: Der Mann, der 2016 die Geschichte austrickste. Der Hillary Clinton (70) schlug, was niemand, nicht einmal sein eigenes Team, wirklich für möglich hielt.
«Der Architekt von Trumps Sieg», schwärmt SVP-Nationalrat Roger Köppel (52), «begrüssen Sie ihn mit einem donnernden Applaus.» 1500 Zuhörer jubeln, und dann tritt Steve Bannon (64) auf, dieser leicht zerknautschte Typ im Look eines Geschichtslehrers. Köppels «Weltwoche» hat ihn eingeladen. Eine Halle voll «Weltwoche»-Leser empfängt ihn, zusammen mit 80 Journalisten, «der Oppositionspartei», wie Bannon lächelnd sagt.
Lasst Trump schimpfen!
Dabei ist Bannon heute eigentlich erledigt. Er ist kein Trump-Berater mehr, flog nach einem halben Jahr wieder aus dem Weissen Haus. Er ist auch nicht mehr Chef seiner lärmigen Webseite «Breitbart», wo man ihn auch nicht mehr haben wollte. Und doch zehrt er vom Sensationssieg im November 2016. Und davon erzählt er seinen Schweizer Fans. Wie er damals mahnte gegen alle Zweifler: Weiter so! Lasst Trump Trump sein. Lasst ihn schimpfen über alles politisch Korrekte, über Einwanderer, Journalisten, Feministinnen.
Bannon redet an gegen «den Sumpf», wie er die Elite nennt: die Politiker, Banker, Künstler. Dass er selber Banker und Hollywood-Produzent war, behält er für sich. «Der Kampf hat erst begonnen», sagt er. Gerade eben sei er in Italien gewesen, wo die Rechtspopulisten gewannen. Und dann ein dickes Lob an die SVP: «Die konservative Wende begann doch hier, in der Schweiz, mit Christoph Blochers Kampf gegen Europa. Er war Trump bevor Trump!» Jubel in Halle 622.
«Wir werden sehen, wer gewinnt»
Bannon kommt in Fahrt: «Zentralbanken machen eure Währung kaputt. Liefern Sklavenlöhne. Entwerten euer Bürgerrecht.» Oft klatschen nur ein paar Zuhörer. Dieser krude Mix aus rechtem und linkem Populismus kennt man in der Schweiz kaum. Bannon zeigt aber auch Respekt für das, was er die «Es reicht!»-Bewegung nennt: das Aufbegehren gegen Sexismus, Rassismus oder Waffengewalt. «Diese Bewegung und unsere werden zusammenprallen, und wir werden sehen, wer gewinnt.»
An diesem Abend hält es die andere Bewegung immerhin eine Stunde aus, draussen in der Kälte vor der Halle. Dann ging die Hundertschaft Demonstranten nach Hause. Bannon lässt sich von Roger Köppel noch eine gute Stunde länger freundlich befragen. Und sagt doch immer wieder Dinge, die sein konservatives Publikum irritiert: «Keiner der Banker, die euch die Finanzkrise von 2008 brachten, wurde je zur Verantwortung gezogen.» Nur vereinzeltes Klatschen. «Protektionismus ist doch Selbstmord!», mahnt ihn Köppel. «Sie liegen völlig falsch», antwortet ihm Bannon kühl.
In der politischen Wüste
Wer ist dieser Typ? Ein Linker? Ein Rechter? Vielleicht kann das niemand wirklich beantworten. Und darum ist er heute wieder, was er vor Trump war: ein Mann in der politischen Wüste. Am Ende bejubelt ihn das Publikum in Halle 622 trotzdem.