Spuren professionell dokumentieren
Zürich will bei Sexualdelikten künftig «Forensic Nurses» einsetzen

Der Kanton Zürich will Sexualstraftäter und Gewalttäter strafrechtlich besser verfolgen können. Dazu will er eine Abteilung mit «Forensic Nurses» ins Leben rufen, also forensischen Pflegefachleuten. Sie sollen die Spuren sexueller und häuslicher Gewalt sichern.
Publiziert: 23.11.2023 um 10:48 Uhr
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Aktualisiert: 23.11.2023 um 17:42 Uhr
Der Kanton Zürich will mehr Sexualstraftäter und Gewalttäter vor Gericht bringen. Um dies zu erreichen, müssen aber häufiger Spuren von Übergriffen sichergestellt werden.
Foto: CHRISTIAN BEUTLER

Die «Forensic Nurses» sollen im zweiten Quartal 2024 ihren Dienst aufnehmen, wie der Regierungsrat am Donnerstag mitteilte. Ihre Aufgabe wird es sein, Spuren einer Gewalttat professionell zu dokumentieren, damit diese bei einer Strafanzeige und schliesslich vor Gericht besser verwertet werden können als bisher.

Zudem sollen die «Forensic Nurses» den Kontakt zu Opferhilfe-Beratungsstellen herstellen. Jede geschädigte Person soll nach der medizinischen Untersuchung wissen, wohin sie sich wenden kann, um das traumatische Ereignis zu verarbeiten.

Diese Spezialistinnen und Spezialisten sollen bei Bedarf von den Spitälern beigezogen werden können und dazu rund um die Uhr erreichbar sein. Angesiedelt wird die neue Abteilung beim Institut für Rechtsmedizin der Universität Zürich (IRM-UZH).

Gemäss Regierungsbeschluss rechnen die Verantwortlichen mit rund 500 Fällen pro Jahr. Wie viel Arbeit die «Forensic Nurses» dann wirklich haben werden, ist jedoch offen. Der Regierungsrat will das Angebot deshalb vorerst als Pilotprojekt einführen. Ende 2026 soll dann entschieden werden, in welcher Form es fortgesetzt wird.

Die Kosten für den Aufbau der Abteilung «Forensic Nurses» am IRM belaufen sich gemäss Beschluss auf 770'000 Franken. Die wiederkehrenden Kosten betragen danach pro Jahr 1,7 Millionen. Für den Zeitraum von 2024 bis 2026 muss der Kantonsrat in einer der nächsten Sitzungen also einen Betrag von insgesamt 5,5 Millionen Franken bewilligen.

Die professionelle Spurensicherung soll künftig unabhängig davon stattfinden, ob die Polizei nach einem Übergriff beigezogen wird oder nicht. Bisher wurden Opfer einer Vergewaltigung, einer sexuellen Nötigung oder von häuslicher Gewalt erst dann forensisch auf Spuren untersucht, wenn sie den Beizug der Polizei wünschten.

Wollten sie dies nicht, wurde die Spuren lediglich auf Wunsch von ärztlichem Personal dokumentiert, aber nicht von Spezialistinnen und Spezialisten. Die Spitäler hatten dafür bisher eine «Untersuchungsbox», die ihnen vom IRM zur Verfügung gestellt wurde.

Auslöser für die neue Abteilung der «Forensic Nurses» ist die Istanbul-Konvention, die im Jahr 2018 von der Schweiz unterschrieben wurde und mit der sich das Land verpflichtet, sexuelle und häusliche Gewalt zu bekämpfen.

Eine Arbeitsgruppe, die danach innerhalb der Zürcher Verwaltung ins Leben gerufen wurde, kam zum Schluss, dass für die Spurensicherung Spezialistinnen und Spezialisten beigezogen werden sollen.

(SDA)

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