Sex-Verbrecher Hassan Kiko (27)
Diese Richterin liess ihn laufen

Seine Sex-Akte ist lang. Mindestens drei sexuelle Übergriffe gehen auf das Konto des flüchtigen Häftlings Hassan Kiko (27). Mit einer Sicherheitshaft hätte eine Straftat verhindert werden können.
Publiziert: 11.02.2016 um 14:16 Uhr
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Aktualisiert: 10.09.2018 um 21:20 Uhr
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Hassan Kiko wurde wegen Vergewaltigung zu vier Jahren verurteilt.
Foto: Facebook
Claudia Mascherin

Seit Anfang Woche ist der verurteilte Vergewaltiger Hassan Kiko (27) auf der Flucht. Wärterin Angela Magdici (32) öffnete im Gefängnis Limmattal seine Zellentür. Sie war nicht die erste Frau, die den Sex-Täter laufen liess.

Richterin Nina Schüler (42) vom Bezirksgericht Münchwilen TG.

Richterin Nina Schüler (42) vom Bezirksgericht Münchwilen TG hätte 2014 die Chance gehabt, Kiko in Sicherheitshaft zu nehmen. Sie wusste damals von zwei sexuellen Übergriffen des heute 27-Jährigen. Trotzdem liess sie ihn auf freiem Fuss.

Im Mai 2014 beurteilte Schüler den Fall. Kiko hatte 2012 eine damals 19-jährige Schweizerin zu sich in die Asylunterkunft in Eschlikon TG gelockt und sie zu Oralsex gezwungen. Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft: versuchte Vergewaltigung und sexuelle Nötigung.

Noch bevor der Fall verhandelt wurde, schlug Kiko wieder zu. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat verurteilte ihn wegen eines ähnlichen Delikts per Strafbefehl und informierte die Thurgauer Kollegen.

Die dortige Staatsanwaltschaft konnte zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr reagieren. «Als wir den Strafbefehl von den Zürchern erhielten, hatten wir unsere Anklage bereits erhoben. Sobald die Anklage beim Gericht eingereicht ist, ist das Gericht dafür verantwortlich, die Sicherheitshaft anzuordnen», sagt Stefan Haffter, Mediensprecher der Thurgauer Staatsanwaltschaft. «Die verfahrensleitende Vorsitzende wurde zeitnah über den Strafbefehl informiert. Am 12. Mai 2014 haben wir den Strafbefehl ans Bezirksgericht Münchwilen weitergeleitet.»

Rund 10 Tage vor Verhandlungsbeginn wusste Richterin Nina Schüler also von einem zweiten sexuellen Übergriff. Eine Sicherheitshaft, um die Gesellschaft vor Kiko zu schützen, ordnete sie dennoch nicht an.

In einer Stellungnahme an BLICK gibt Richterin Schüler den Ball zurück an die Staatsanwaltschaft. Diese habe keine Sicherheitshaft beantragt. Und sowieso seien die Voraussetzungen für eine solche nicht gegeben gewesen.

«Der Strafbefehl war einerseits nicht rechtskräftig. Andererseits braucht es gemäss Lehre mindestens zwei gleiche oder ähnliche Vortaten für die Anordnung von Präventivhaft», so Schüler.

Diese Begründung mutet seltsam an. Auch im Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Zürich-Limmat ging es um den Vorwurf der sexuellen Belästigung. Zudem waren sich die beiden Fälle sehr ähnlich, wie BLICK aus gut unterrichteter Quelle weiss.

Richterin Schüler bestreitet diese Parallelen: «Konkret hatte der Angeklagte eine Kundin in einem Coiffeursalon unter anderem unzüchtig betastet.»

Zwar verurteilte das Bezirksgericht Münchwilen Hassan Kiko im Juni 2014 wegen versuchter Vergewaltigung und sexueller Nötigung unbedingt zu 42 Monaten Haft (das Urteil ist inzwischen rechtskräftig). 

Bevor Kiko allerdings in Strafvollzug genommen werden konnte, vergewaltigte er in Schlieren ZH ein 15-jähriges Mädchen. Eine Sicherheitshaft hätte dies verhindert.

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