Schaffhauser Vatermord-Prozess
Cassandra D. (28) blitzt vor Gericht ab

Das Obergericht Schaffhausen hat am Mittwoch eine 28-jährige Frau wegen Mordes an ihrem Vater schuldig gesprochen.
Publiziert: 27.06.2018 um 19:01 Uhr
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Aktualisiert: 13.09.2018 um 03:00 Uhr
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Cassandra D. (28) hat ihren Vater Rolf B. (†56) umgebracht.
Foto: zvg

Das Obergericht Schaffhausen hat am Mittwoch die 28-jährige Cassandra D.* wegen Mordes an ihrem Vater Rolf B.* schuldig gesprochen. Es bestätigte damit den erstinstanzlichen Entscheid des Kantonsgerichts vom Juni 2017. Das Strafmass senkte es um ein Jahr auf 15,5 Jahre Freiheitsentzug.

Zusätzlich zur Freiheitsstrafe sprach das Gericht eine bedingte Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu 30 Franken sowie eine 500-Franken-Busse aus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Wie der amtliche Verteidiger gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagte, ist ein Weiterzug ans Bundesgericht «klar«. Der Verteidiger hatte namens der Beschuldigten auf einen Freispruch vom Mord-Vorwurf plädiert. Die junge Frau hatte in der Untersuchung zwar eingestanden, auf den Vater eingestochen zu haben, das Teilgeständnis aber später zurückgezogen.

Indizienprozess geführt

Wie das Kantonsgericht hatte sich das Obergericht nur auf Indizien abstützen können. Dabei müsse es sich streng nach dem Grundsatz «im Zweifel für den Angeklagten» halten, sagte einer der Oberrichter bei der mündlichen Begründung.

Die Gesamtheit der Indizien zeige ein Bild, das «keinen Zweifel zulässt», dass die Beschuldigte ihren Vater mit einer Vielzahl von Messerstichen getötet hat. Dies sei «objektiv erstellt". Die Gerichtsmediziner hatten an der Leiche 55 Messerstiche festgestellt, 49 von hinten und seitlich in Hals, Nacken und Schultern. Unter diesen waren die tödlichen Verletzungen.

Für die Mordqualifikation ausschlaggebend war die Art der Tatausführung: Die Schweizerin sei von hinten mit einem Steakmesser auf ihren Vater losgegangen, als dieser in einen Messerkampf mit ihrem Ehemann verstrickt war. Er sei deshalb wehrlos ihrem Angriff ausgeliefert gewesen. Sie habe rasch und kräftig zahlreiche Stiche geführt. Dabei sei sie heimtückisch und skrupellos vorgegangen.

Fluchtgefahr besteht

Das Gericht berücksichtigte eine gutachterlich festgestellte leicht verminderte Steuerungsfähigkeit der Beschuldigten zum Tatzeitpunkt und entsprechend eine leichte Verminderung der Schuldfähigkeit. Reue oder Einsicht seien nicht zu erkennen, da die Beschuldigte die Tat abstreite. Sie behauptet, ihr Ehemann, der beim Kampf ebenfalls ums Leben kam, habe ihren Vater getötet.

Die junge Frau, die seit der Tatnacht in Haft sitzt, wird in Sicherheitshaft behalten, da laut Gericht Fluchtgefahr besteht. Einen Wechsel in den vorzeitigen Strafvollzug hat sie bisher abgelehnt, obwohl dies auf einen Gerichtsentscheid keinen Einfluss hätte und nicht als Schuldeingeständnis zählt.

Am späten Abend des 13. Dezember 2015 kamen die Beschuldigte und ihr Ehemann nach den Flitterwochen unerwartet zu ihren Eltern in die Wohnung im Schaffhauser Ortsteil Hemmental. Die beiden Männer gingen mit Messern aufeinander los. Auch zwischen den beiden Frauen kam es zu einem Handgemenge. Die Tochter wollte nicht, dass die Mutter sich in den Kampf der Männer einmischte.

Ihr Mann rief um Hilfe

Als ihr Mann um Hilfe rief, griff die junge Frau ins Kampfgeschehen der Männer ein. Von hinten versetzte sie ihrem Vater bis zu 49 Stiche in Schultern, Hals und Nacken. Der 56-jährige verblutete. Aber auch der Schwiegersohn erlag seinen Verletzungen.

Die Mutter war ins Treppenhaus gelaufen und hatte um Hilfe geschrien. Ein Nachbar - Götti der Beschuldigten - hatte aufgrund des Lärms aber bereits die Polizei gerufen.

Unter Messerdrohung verlangte die Tochter von der Mutter den Wohnungsschlüssel, da sie glaubte, mit ihrem Mann noch fliehen zu können, und sie fesselte die Mutter mit Handschellen, die sie mitgebracht hatte. Das Gericht sprach sie deshalb auch der Nötigung schuldig.

Dass die Mutter ihre ursprünglich eingereichte Klage zurückgezogen hatte, spielte für die Verurteilung keine Rolle - Nötigung ist ein Offizialdelikt und muss deshalb ungeachtet eines Strafantrags verfolgt werden. (SDA)

* Namen der Redaktion bekannt

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