Karton schnüren. Blechdosen falten. Flaschen nach Farben sortieren. Kaum etwas machen die Schweizer gewissenhafter, als ihren Müll zu trennen. Ruth Koch (60) ist da keine Ausnahme. Mitte Dezember will die Zürcherin ihre Aludosen entsorgen. Sie fährt auf den Werkhof von Dielsdorf ZH – im Kofferraum: ein grosser Plastiksack. Sie schleppt ihn zu den Recycling-Behältern. Dort stellt sie fest: kein Platz. Alle vier Container quellen über. Ruth Koch stellt in der Not ihren Sack daneben, damit die Recycling-Firma ihn mitnehmen kann. So weit, so gut.
Ein paar Tage später flattert ein Brief der Gemeinde Dielsdorf ins Haus. Betreff: «Illegale Abfallentsorgung». Darin ist zu lesen, dass die im Sozialbereich tätige Frau 142.15 Franken Busse zahlen muss. Davon sind 100 Franken Bearbeitungspauschale, 25 Franken Personalkosten, 10.15 Franken Mehrwertsteuer. Plus effektive Entsorgungskosten: 7 Franken.
Von der Gemeinde abgekanzelt
«Ich dachte, das kann doch nicht wahr sein. Ich habe ja nicht illegal Müll entladen, sondern vorschriftsmässig Alu zu Alu getan», sagt Ruth Koch zu BLICK. Mit dieser Argumentation stösst sie bei den Behörden auf taube Ohren. Eine Einsprache beim Gemeinderat bringt nichts, beim Vorsprechen beim Gemeindeschreiber wird sie abgekanzelt. «Man sagte mir, ich hätte einen Fehler gemacht. Dabei hätte doch auch die Gemeinde dafür sorgen müssen, dass die Container leer sind.»
Auch auf Anfrage von BLICK bleibt die Gemeinde hart: «Die Umtriebsentschädigung wurde korrekt ausgestellt, da der Abfall falsch entsorgt wurde. Die Vorschriften müssen für alle gleichermassen gelten.» Dass Ruth Koch den Abfall gar nicht korrekt entsorgen konnte, weil die Gemeinde ihren Job nicht gemacht hat, zählt nicht. Bei vollen Behältern hätte sie entweder ihren Abfall nach Hause nehmen oder andernorts hingehen sollen, argumentiert die Gemeinde: «Die nächste Abfallsammelstelle ist nur gut 600 Meter entfernt und zu Fuss gut erreichbar.»
Amtsschimmel hat gesiegt
Auch die Rechnung habe ihre Richtigkeit, heisst es bei der Gemeinde. Es würden der Aufwand zum Einsammeln, eine allfällige Reinigung und das richtige Entsorgen des Abfalls verrechnet. «Zudem ist unser administrativer Aufwand relativ hoch: prüfen der Abfallkamera, eruieren des fehlbaren Benutzers und die Rechnungstellung mit Brief.»
Ruth Koch resigniert, gegen den Amtsschimmel kommt sie nicht an. Sie wendet sich an die Medien: SRF-«Espresso», BLICK. Ihr Fall soll aufrütteln: «Ich will die Leute warnen, dass sie ihre Recycling-Säcke nicht neben die Container stellen. Und die Gemeinde soll dafür sorgen, dass die Recycling-Behälter nicht mehr derart überfüllt sind.»